Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei vom 25. Juni 2018 (Nr. 6/2019)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 18: Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei vom 25. Juni 2018. Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 6/2019 und steht zur Diskussion.Abg. Eugen Nägele
Herr Präsident, danke für das Wort. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Wir kommen nun zur Behandlung zweier Traktandenpunkte, die für unser Land und vor allem für unsere Exportwirtschaft von besonderem Interesse sind. Freihandelsabkommen schaffen diskriminierungsfreien Zugang zu wichtigen, aufstrebenden Märkten, sie sorgen für Rechtssicherheit für unsere Unternehmen und stellen sicher, dass unsere Unternehmen hinsichtlich Marktzugang den Konkurrenzunternehmen aus EU-Staaten möglichst gleichgestellt sind. Über die EFTA ist Liechtenstein mittlerweile Teil eines Netzes von 28 abgeschlossenen Freihandelsabkommen, in dem alle Regionen dieser Welt vertreten sind. Mit den beiden Abkommen, die wir heute behandeln, werden es zukünftig 29 sein. 29 Abkommen deshalb, weil wir mit der Türkei bereits ein Freihandelsabkommen haben, das aus dem Jahr 1991 stammt. Es handelt sich dabei um das älteste Freihandelsabkommen der EFTA. Das bestehende Abkommen wird nun durch das vorliegende moderne Freihandelsabkommen ersetzt. Das neue Abkommen ist ein Musterbeispiel dafür, dass die EFTA ihre Freihandelspolitik stetig weiterentwickelt und den globalen Entwicklungen anpasst. Dies geschieht im Interesse unserer Wirtschaft, aber auch der Wirtschaft der Partnerstaaten. Das ursprüngliche Abkommen von 1991 umfasste hauptsächlich den Bereich Warenverkehr. Das neue Abkommen ist deutlich umfassender und beinhaltet auch Bestimmungen zum gegenseitigen Marktzugang im Dienstleistungssektor, zu Wettbewerb und zum Schutz des geistigen Eigentums. Bedeutsam ist ausserdem das Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung: Die grundlegenden Menschenrechte sind in unseren Breitengraden kein grosses Thema, in anderen Ländern fallen sie aber teilweise dem Wirtschaftswachstum zum Opfer. Mit dem Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung soll den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung auch in der Aussenwirtschaftspolitik Rechnung getragen werden. Ich denke, wir möchten alle faire Arbeitsbedingungen und ein hohes Umweltschutzniveau. Unsere Exporte in die Türkei haben im vergangenen Jahr um 43% im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Das können wir der Aussenhandelsstatistik entnehmen. Das ist ein beachtlicher Zuwachs. Das Handelsvolumen ist vergleichbar mit demjenigen von Norwegen. Bei den Importen ist der Zuwachs nicht ganz so rasant. Die Importe bewegen sich aber auf dem Niveau von Spanien oder Schweden. Die teilweise deutliche Zunahme im Handel mit der Türkei zeigt auf, wie wichtig die Modernisierung dieses Abkommens ist und welches Potenzial hinter dem Handel mit der Türkei steckt, der durch das Abkommen von noch mehr Handelserleichterung profitieren kann. Ich begrüsse das Abkommen und stimme dem Antrag der Regierung zu. Gleichzeitig bedanke ich mich beim Aussenministerium und beim Amt für Auswärtige Angelegenheiten für das gute Verhandlungsergebnis und für die Erarbeitung dieses Berichts. Danke schön.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Lageder
Herr Präsident, besten Dank für das Wort. Dem Dank des Abg. Eugen Nägele schliesse ich mich gerne an. Die Modernisierung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei erleichtert es den Handelnden in den betroffenen Staaten, ihrer Arbeit besser nachzugehen. Es wird sichergestellt, dass keine überflüssigen Zölle zu bezahlen sind, geistiges Eigentum wird geschützt und der Handel mit Dienstleistungen sowie elektronische Handelsverfahren werden in das Freihandelsabkommen miteinbezogen und geregelt. Dem vorliegenden Freihandelsabkommen gelingt es, etwaige Nachteile, die liechtensteinische Exporteure in die Türkei bis anhin hatten, zu verringern und den Markt in diese Richtung zu öffnen oder weiter zu öffnen. Sowohl der türkische als auch der liechtensteinische Staat werden zwar weniger Zolleinnahmen generieren, folglich wird der Handel innerhalb dieser beiden Staaten dafür umso mehr erleichtert und dadurch das Handelsvolumen steigen. Zudem schafft das Freihandelsabkommen, wie im Bericht und Antrag nachzulesen ist, eine Rechtsgrundlage und somit eine stärkere Sicherheit beim Handel mit der Türkei. Speziell neu für Liechtenstein ist die Einführung von sogenannten Business Visitors, also Leuten, welche sich aus wirtschaftlichen Gründen einige Monate im Land aufhalten können, um beispielsweise an geschäftlichen Besuchen teilzunehmen oder sich über die Möglichkeit einer geschäftlichen Niederlassung zu informieren. Zudem wird durch das Freihandelsabkommen Monopolen und Kartellen vorgebeugt, was eines der wichtigsten Kriterien für solche Abkommen ist. Löblich ist ausserdem, dass der Vertrag sowohl die sozialökonomische als auch die ökologische Nachhaltigkeit betont und diese auch gewährleisten will. Ich werde dem Abkommen meine Zustimmung erteilen. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Patrick Risch
Besten Dank für das Wort. Ein Freihandelsabkommen mit einem Staat wie die Türkei abzuschliessen, ist für mich sehr widersprüchlich. Die Türkei steht in der Kritik vieler Menschenrechtsorganisationen, die Menschenrechte zu verletzen und Minderheiten zu unterdrücken oder ihnen Rechte zu verwehren. Frauen, LGBTI-Personen, Flüchtlinge und Asylbewerber sind besonders von Diskriminierungen und staatlicher Gewalt betroffen. Ein Freihandelsabkommen hilft, die wirtschaftliche Beziehung zwischen zwei Staaten zu verbessern, und sollte dazu beitragen, den Wohlstand der gesamten Bevölkerung zu verbessern. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes stärkt aber wiederum die Position von Regierungen, die es mit dem Schutz von Menschenrechten und anderen demokratischen Instrumenten nicht so genau nehmen. Auf der anderen Seite kommt ein Freihandelsabkommen der Bevölkerung indirekt zugute. Aber ganz konkret gefragt: Wird es der kurdischen Bevölkerung zum Beispiel ebenfalls im gleichen Masse nützen? Geht es einem Land wirtschaftlich schlecht, versuchen diktatorische Regierungen oftmals, von ihren Problemen abzulenken, indem sie mit dem Finger auf eine Randgruppe zeigen und diese noch stärker drangsalieren als eh schon. Für mich bleibt zu hoffen, dass wir mit diesem Freihandelsabkommen mit der Türkei auch die Situation der Minderheiten und der Randgruppen in der Türkei indirekt verbessern. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Susanne Eberle-Strub
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Grundsätzlich unterstütze ich das vorliegende Freihandelsabkommen, das zu einem verbesserten Marktzugang für liechtensteinische Waren und Dienstleistungen beiträgt. Eine Bemerkung zur Präambel möchte ich aber doch noch machen. Hier wird das Bekenntnis zur Demokratie, zur Rechtsstaatlichkeit und zu den Menschenrechten bekräftigt. Es ist illusorisch anzunehmen, dass durch dieses Freihandelsabkommen Einfluss auf die Menschenrechte in der Türkei genommen werden könnte. Es ist wohl ein Standartsatz in den Freihandelsabkommen. Gerne ich hätte Ihre Meinung dazu erfahren, Frau Justizministerin. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrätin Aurelia Frick
Herr Präsident, Damen und Herren Abgeordnete. Ich möchte mich zuerst bei allen Abgeordneten, die sich zu Wort gemeldet haben, für die konstruktive Würdigung des Abkommens bedanken und dann auf die beiden letzten Wortmeldungen des Abg. Risch und der Abg. Susanne Eberle-Strub eingehen, die beide implizit oder explizit die Frage nach den Menschenrechten gestellt haben. Vorweg einfach noch einmal, dass wir alle vom Gleichen sprechen: Das Abkommen, das wir heute auf dem Tisch haben, ersetzt ein altes, bereits bestehendes Abkommen. Meines Erachtens machen wir bei diesem neuen Abkommen zumindest einen Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube, dessen müssen wir uns auch bewusst sein und uns gegenüber auch ehrlich sein: Wir lösen mit dem Abkommen die Menschenrechtsproblematik nicht, wie Sie es richtig gesagt haben, Frau Abg. Eberle-Strub. Aber immerhin erhält dieses neue Abkommen in seiner Präambel Referenzen, in denen die Verpflichtung der Vertragsstaaten zu Demokratie, zu Rechtsstaatlichkeit und auch zu Menschenrechten bestärkt wird. Es hat übrigens auch umweltrechtliche und arbeitsrechtliche Standards, die mit enthalten sind. Ich persönlich finde alle diese Bereiche wichtig und auch es richtig, dass wir diese ansprechen und nicht einfach einen einseitig fokussierten Blick nur auf die wirtschaftlichen Interessen haben.Diese Themen, die ich vorhin angesprochen habe, die auch in der Präambel erwähnt sind, können von jedem Vertragsstaat bei Notwendigkeit im gemeinsamen Ausschuss der EFTA-Staaten und der Türkei - dort gibt es einen gemeinsamen Ausschuss, in dem über den Fortschritt des Abkommens gesprochen wird und über allfällige Probleme auch gesprochen wird - nun aufgegriffen werden, weil sie eben Eingang in den Vertragstext gefunden haben. Insofern stärkt meines Erachtens diese Formulierung in der Präambel unsere Möglichkeit, mit der Türkei in einem kritischen Dialog über diese Themen zu reden, weil wir diese Grundlage nun haben.Ich finde aber, und da müssen wir ehrlich sein, wir lösen damit nicht sämtliche Probleme. Aber unseres Erachtens ist es wichtiger, mit einem Staat in einem Dialog zu stehen, als einfach die Türen zuzumachen. Ich glaube, hier haben wir eine wichtige und richtige Türe geöffnet, um über diese heiklen Themen mit der Türkei in einem Dialog stehen zu können. Wenn ich mit meinen EFTA-Ministerkollegen aus Norwegen, Island und der Schweiz über diese Themen spreche, weisen wir immer wieder darauf hin, dass es spezialisierte Foren gibt, um über die Menschenrechte zu diskutieren. Ich denke dabei an den Europarat, dort gibt es den UPR, die Türkei wird im Februar 2020 UPR-geprüft werden. Wir haben beispielsweise auch die UNO, wo wir über solche Themen reden können. Uns ist es ein Anliegen, dass wir auf der einen Seite die Gremien des Europarates, andererseits aber auch diese spezifische Verbindung, die wir nun mit diesem Abkommen mit der Türkei aufbauen, nutzen, um über solche Themen, die für uns auch aussenpolitisch - aber auch für die Menschen in der Türkei - sehr wichtig sind, zu diskutieren. Ich bin der Überzeugung, dass es trotzdem wichtig und richtig ist, dieses Abkommen zu ratifizieren und diese neue, verbesserte Version in Kraft treten zu lassen.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Christoph Wenaweser
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Ich finde es ausgesprochen löblich, dass man sich bei diesem Traktandum, Freihandelsabkommen mit der Türkei, über die Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Demokratie unterhält. Ich finde auch die Worte des Kollegen Patrick Risch sehr löblich, möchte aber bei dieser Gelegenheit einfach daran erinnern, dass genau dieses Hohe Haus bei der Einführung des automatischen Informationsaustausches mit der Türkei, die man jetzt eben nicht als Rechtsstaat anerkennen möchte, wie die Voten gezeigt haben, eine Landtagsmehrheit, kritiklos einfach zugestimmt hat, auch die Freie Liste geschlossen ohne jedes kommentierende Wort. Ich wäre der Meinung, auch als wir über den AIA diskutiert haben, wäre es am Platz gewesen, in einem Traktandum, wo es um die Lieferung von Finanzdaten türkischer Bürger im Ausland gegangen ist, wären diese jetzt löblichen, kritischen Worte angebracht gewesen. Ich hätte mir eigentlich von diesem Hohen Haus damals beim AIA ein anderes Abstimmungsverhalten erwartet. Danke.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, können wir uns dem Antrag der Regierung zuwenden. Der Antrag lautet: «Der Hohe Landtag wolle dem Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei vom 25. Juni 2018 die Zustimmung erteilen.»Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 25 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 25 Stimmen die Zustimmung einhellig erteilt und wir haben Traktandum 18 abgeschlossen.-ooOoo-