Beschluss Nr. 215/2018 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2014/67/EU zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern) (Nr. 10/2019)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 22: Beschluss Nr. 215/2018 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 2014/67/EU zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern).Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 10/2019 und steht zur Diskussion.Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Besten Dank, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Die geltende EU-Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern ist über 20 Jahre alt. In dieser Entsenderichtlinie aus dem Jahr 1996 wurde festgelegt, unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer entsandt werden dürfen. Damit sollte der faire Wettbewerb zwischen lokalen und ausländischen Unternehmen sichergestellt und auch die Rechte der entsandten Arbeitnehmer gewährleistet werden. Seit dem Inkrafttreten dieser Richtlinie 1996 hat sich einiges verändert. Durch die EU-Erweiterungen wurden insbesondere Staaten aus Mittel- und Osteuropa in die EU aufgenommen. Die durchschnittlichen Löhne liegen dort bekannterweise deutlich unter denen der ursprünglichen Mitgliedstaaten. Aufgrund dieser EU-Erweiterungen stiegen das Lohngefälle innerhalb der EU und dessen Missbrauch an. Daher ergänzte man die Entsenderichtlinie 2014 um eine Durchsetzungsrichtlinie, welche die Verhinderung von Missbrauch und Umgehung der Entsenderichtlinie zum Ziel hatte. Durch mehr Transparenz und Kontrollmassnahmen sollen nun entsandte Arbeitnehmer besser geschützt werden. Wie etwa durch das Einrichten einer nationalen Website, auf der Infos über Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen und allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge bereitgestellt sind. Auch die Konkretisierung, unter welchen Voraussetzungen eine Entsendung vorliegt, oder die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Behörden dienen letztlich dem Grundsatz «gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort». Ziel der Vorlage soll auch sein, Scheinselbstständigkeit sowie Scheinentsendungen einfacher bekämpfen zu können, beides Erscheinungsformen des Sozialbetrugs. Die Richtlinie ist eine notwendige Grundlage für einen funktionierenden Binnenmarkt. Es werden rechtliche Bedingungen geschaffen, damit die Beschäftigten, aber auch Unternehmungen zu gleichen und fairen Bedingungen auf dem Markt wettstreiten können. Damit wird unsere eigene Wirtschaft, das heisst unsere Unternehmen, vor der günstigeren Konkurrenz aus den EU-Ländern geschützt. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Eugen Nägele
Herr Präsident, danke für das Wort. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Diese Richtlinie ist notwendig geworden, um die Umsetzung einer Richtlinie aus dem Jahr 1996 zu verbessern, zu schärfen und zu stärken. Die EU hatte damals, im Jahr 1996, zwölf Mitglieder. In dieser Richtlinie Nr. 71 aus dem Jahr 1996 steht, dass als entsandter Arbeitnehmer jeder Arbeitnehmer gilt, der während eines begrenzten Zeitraums seine Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet eines anderen Mit-gliedstaats als demjenigen erbringt, in dessen Hoheitsgebiet er normalerweise arbeitet. Eine schöne Definition.Mit der aktuellen vor uns liegenden Richtlinie sollen Scheinentsendungen besser bekämpft werden, sollen die Rechte der entsandten Arbeitnehmer besser geschützt werden, sollen die rechtskräftigen und verwaltungsrechtlichen Verfügungen besser vollstreckt werden können und schliesslich werden die Staaten verpflichtet, auf einer Homepage alle wichtigen Informationen zu publizieren. Auf der Seite 8 im Bericht und Antrag können wir lesen: «Insbesondere werden die Staaten verpflichtet, auf einer Homepage anzugeben, welche Beschäftigungsbedingungen Entsender einzuhalten haben. Ebenso ist hierfür eine Auskunftsperson zu benennen.» Das sind gute Ziele und dagegen kann man eigentlich nichts haben. Leider ist aber momentan nicht abzuschätzen, welcher Personalaufwand mit der Umsetzung verbunden ist. Dieser Mehraufwand wird im Amt für Volkswirtschaft anfallen. Mit der Umsetzung dieser Richtlinie ist verbunden, dass neu der gesamte Informationsaustausch über das sogenannte IMI, das International Market Information System, laufen wird. Auf der Seite 11 können wir folgende Sätze lesen: «In personeller Hinsicht werden die Zusammenarbeit mit den ausländischen Behörden über das IMI und die Publikation der entsenderechtlich relevanten Bestimmungen einen Mehraufwand verursachen. Die gesamte Zustellung ins Ausland wird neu über das IMI erfolgen. Dadurch entsteht zwar grössere Rechtssicherheit in Fragen der ordentlichen Zustellung, diese ist aber mit Mehraufwand verbunden.» Dazu habe ich eine Frage: Warum ist es heute nicht möglich, den Mehraufwand genauer abzuschätzen? Es werden ja schon heute Informationen ausgetauscht oder Gesetze angewandt und auch schon Bussen gesprochen. Auf der Homepage der EU steht unter dem Suchwort «IMI», dass der erste Informationsaustausch im Jahr 2008 stattfand und dass im Jahr 2012 eine IMI-Verordnung erlassen wurde. Dazu habe ich eine Frage: Ist das IMI im Amt für Volkswirtschaft bekannt oder muss das als neue Software integriert werden? Eine weitere Frage betrifft die Bussen. Aus reiner Neugierde würde ich gerne wissen, welche Bussen denn im Jahr 2018 gesprochenen wurden. Das wird ja auch im Bericht und Antrag kurz erwähnt.Zum Schluss habe ich noch zwei Bemerkungen: Die Übernahme dieser Richtlinie führt dazu, dass wir unser Entsendegesetz ganz leicht werden anpassen müssen. Das erscheint mir kein Problem. Die andere Bemerkung hat mehr Bedeutung: Die Übernahme dieser Richtlinie hat gewisse rechtliche Folgen, die nicht zu unterschätzen sind. Im Bericht und Antrag wird auf den Seiten 9 und 10 darauf hingewiesen, dass mit der Verpflichtung, im Ausland verhängte Bussen im Inland zu vollstrecken, eine Anerkennung ausländischer Entscheidungen einhergeht. In diesem Zusammenhang wurde veranlasst, dass im Beschluss Nr. 215/2018 eine Erklärung aufgenommen wurde, gemäss welcher die Übernahme der Richtlinie kein Präjudiz für die Übernahme von Bestimmungen zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von verwaltungsrechtlichen Strafen und Bussen in zukünftigen Rechtsakten darstellt. Dazu möchte ich den Wirtschaftsminister fragen, ob die Aufnahme so einer Erklärung ausreichend ist, um die Übernahme von fremden Recht, das ist jetzt natürlich sehr vereinfacht, zu vermeiden. Im Bericht und Antrag spricht die Regierung nicht von fremdem Recht, sondern von der Anerkennung ausländischer Entscheidungen. Dazu hätte ich gerne noch eine kleine Ausführung und bedanke mich jetzt schon. Dem Antrag der Regierung werde ich zustimmen. Danke schön.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Thomas Lageder
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Auch von mir noch ganz kurze Ausführungen. Die Übernahme der Entsenderichtlinie, sprich vor allem die Stärkung der Durchsetzung selbiger, stärkt das Entsenderecht und sorgt dafür, dass diese besser vollzogen werden kann. Hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang vor allem, dass es hier darum geht, aus Sicht der Arbeitnehmer grundlos verwehrte Lohnansprüche vor Gericht besser geltend machen zu können, was ich positiv erwähnen möchte. Die Fraktion der Freien Liste wird dem Beschluss ihre Zustimmung erteilen. Vielen Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Stv. Abg. Ado Vogt
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident. Vorab: Ich bin klar für Eintreten auf diese Vorlage, denn meiner Meinung nach ist ein Gesetz nur so gut, wie das mögliche Sanktionspotenzial bei Verstössen. Ansonsten können wir das Gesetz gleich sein lassen. Es ist aber offensichtlich, dass es grobe Lücken gibt vor allem eben im Vollzug dieses Gesetzes. Es wird ja erwähnt: die Vollstreckung von Bussen im Ausland und die Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit. Diese Lücke soll nun mit dieser Richtlinie geschlossen werden, was ich hoffe. Ich möchte aber schon auch noch etwas ins gleiche Horn blasen wie mein Vorredner Eugen Nägele. Es soll dann schon nicht so sein, dass hier eigentlich eine präjudizielle Wirkung erreicht wird mit ausländischen Urteilen und auch Bussen. Gleichzeitig hoffe ich natürlich auf eine sehr schlanke Umsetzung - auch im Sinne der Verwaltung. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch
Vielen Dank für das Wort, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete. Ich komme vielleicht zuerst zu diesem Punkt wegen einer allfälligen präjudiziellen Wirkung und ob die Regierung das als ausreichend erachtet, eine solche Bemerkung in den Beschluss aufzunehmen. Ja, ich glaube, das ist die stärkste Form, die wir hier vornehmen können, eben schon in den Beschluss diese Bemerkung aufzunehmen, sodass es eigentlich schon nach aussen klar ist, dass wir uns dessen sehr bewusst sind und dass wir das eben nicht wollen. Und natürlich wird es auch in der Umsetzung entsprechend berücksichtigt werden. Von dem her denke ich, dass hier das Nötige und das Sinnvolle getan wurde. Dann zum Abg. Eugen Nägele: Sie haben angemerkt, dass es schade ist, dass wir den Mehraufwand noch nicht abschätzen können, oder gefragt, was der Grund dafür ist. In erster Linie ist der Grund dafür, dass wir natürlich nicht wissen, wie viele Bussen dann aus dem Ausland kommen, das wissen wir nicht. Wie viele wir natürlich selbst ausgestellt haben oder dann eben denen wir gerne nachgehen würden, das schon. In erster Linie geht es deshalb darum, das ist schwierig abzuschätzen. Dann haben Sie die Frage gestellt, welche Bussen im Jahr 2018 gesprochen wurden. Da verweise ich auf das Protokoll der Finanzkommission: Bis Ende Jahr waren es dann rund 15 Bussen und rund CHF 13'000. Dann haben Sie gefragt, ob das Amt für Volkswirtschaft bereits mit dem IMI arbeitet. Das kläre ich dann gerne auf den richtigen Bericht und Antrag ab. Vielen Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Keine weiteren Wortmeldungen. Somit können wir uns dem Antrag der Regierung zuwenden. Der Antrag lautete: «Der Hohe Landtag wolle dem Beschluss Nr. 215/2018 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 26. Oktober 2018 die Zustimmung erteilen.» Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben. Abstimmung: Zustimmung mit 23 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 23 Stimmen die Zustimmung erteilt und wir haben Traktandum 22 abgeschlossen. -ooOoo-