Landtagsprotokolle des Liechtensteiner Landtags

Inhaltsverzeichnis

Traktandenseite

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9.	G über das Verfahren zur Erteilung der Aufenthaltsbewilligung (ABVG; Personenverkehr im EWR), 2. L.

8.	BüG (Abänderung; erleichterte Einbürgerung Alteingesessener), 2. L.

11.	EWR-Ausschuss-Beschluss Nr. 169 / 1999 (Zugang zum Beruf des Güter- und Personenkraftverkehrsunternehmers)

12.	EWR-Ausschuss-Beschluss Nr. 168 / 1999 (Elektrizitätsbinnenmarkt)

13.	EWR-Ausschuss-Beschluss Nr. 12 / 2000 (Verbrauchsgüterkauf)

13a.	EWR-Ausschuss-Beschluss Nr. 38 / 2000 (2. Phase Bildung Sokrates)

14.	Kulturpolitik, liechtensteinische (Kulturbericht 2000)

15.	Einbürgerung O. Kunz

16.	Einbürgerung S. Ivanic

16a.	Verfassungskommission, Verfassungsgespräche (Information)

17.	Tourismus-Gesetz, 1. L.

18.	G über Europäische Betriebsräte, 1. L.

19.	Versicherungsvertragsgesetz (VersVG), 1. L.

20.	Spitzer-Bericht, vertraulicher Bericht des Sonderstaatsanwalts (Information der Regierung)

21.	Landgericht, Bestellung Ad-hoc-Untersuchungsrichter

Kleine Anfragen, April 2000, Beantwortung

Genehmigung

Beschlussprotokoll

Verknüpfungen

Sitzungen -

Protokolltyp

Parlamentarische Eingänge

Abstimmmungsergebnisse

LR – Systematik

LGBl – Nummern

BuA Nummern

Kleine Anfragen Beantwortung

Sprecher

BESCHLUSS NR. 168/1999 DES GEMEINSAMEN EWR-AUSSCHUSSES (RICHTLINIE 96/92/EG BETREFFEND GEMEINSAME VORSCHRIFTEN FÜR DEN ELEKTRIZITÄTSBINNENMARKT (NR. 18/2000)

Landtagspräsident Peter Wolff:

Wir kommen zu Punkt 12 unserer Tagesordnung: Bericht und Antrag der Regierung betreffend den Beschluss Nr. 168/1999 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses, nämlich die Richtlinie betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt. Der Bericht und Antrag der Regierung Nr. 18/2000 steht zur Diskussion.

Abg. Egon Matt:

Guten Morgen, meine Damen und Herren. Mit der Übernahme dieser Richtlinie wird ein neues Zeitalter in der Stromversorgung in Liechtenstein eingeläutet werden, wie übrigens in ganz Europa. Die Richtlinie wird zu einer Öffnung des Strommarktes auch in Liechtenstein führen, basierend auf einer Trennung des Stromhandels und der sog. Netzdienstleistungen. Diese Öffnung der Netze für ausländische Stromanbieter wird einerseits Vorteile, aber andererseits auch grosse Umstrukturierungen - aus meiner Sicht auch Nachteile - für unser Land bringen. Die Vorteile liegen sicher auf Seiten der Konsumenten, die mit deutlich sinkenden Strompreisen rechnen dürfen und sich darüber freuen dürfen. Vielleicht einen Nachteil wird das Gesamte auch für die Konsumenten bringen, nämlich eine gewisse Unübersichtlichkeit. Es wird für den einzelnen Konsumenten in Zukunft zwar möglich sein, Strom billig einzukaufen, aber er muss sich auch auf dem Markt orientieren und kundig machen. Und wenn man z.B. die Entwicklung diesbezüglich bei der Mobiltelefonie zum Vergleich hernimmt, muss man sagen, dass es für den Kunden heute schon manchmal recht unübersichtlich ist, sich zurechtzufinden. Einige Nachteile werden damit auch verbunden sein. Aus Sicht des Umweltschutzes ist es natürlich nicht erfreulich, dass durch die sinkenden Strompreise sicher der Konsum angeheizt werden wird. Die ganz grossen Umstrukturierungen und Eingriffe werden aber bei unseren LKW passieren. Darüber ist auch im Landtag schon verschiedentlich diskutiert worden. Die LKW werden aufgeteilt werden müssen in eine Stromhandelsfirma, eine Produktionsfirma und eine Netzbetreiberfirma. Für die Stromhandelsfirma hat die Regierung ja vorgeschlagen, eine Aktiengesellschaft zu gründen. Es bleibt aber anzumerken, dass auch im Stromhandel in Europa ein eisiger Wind weht. Ich bezweifle, ob eine Stromhandelsfirma in Liechtenstein überhaupt eine Überlebenschance hat. Ich verweise auf ein Interview von NOK-Chef und WATT-Präsident Peter Wiederkehr Mitte Februar im (W&O(, der hier schreibt: «Entweder schliessen sich alle Schweizer Elektrizitätswerke in einer Gesellschaft zusammen, oder die einzelnen Werke werden vom Ausland übernommen. Die einzelnen Elektrizitätswerke sind im fusionen- und allianzengeprägten europäischen Strommarkt zu klein, um allein zu überleben». Wenn man bedenkt, wie gross die Kapazitätsunterschiede zwischen den schweizerischen Elektrizitätswerken im Bereich Stromhandel und einer LKW sind, dann muss man sich schon fragen, ob eine liechtensteinische Stromhandelsfirma auf Aktienbasis überhaupt überlebensfähig ist. Herr Wiederkehr zeigt dann in seinem Interview auch auf, dass schon letztes Jahr die Erträge aus dem Stromhandel drastisch zurückgegangen sind. In der NOK-Jahresrechnung 1998/1999 ist der Ertrag aus dem Stromhandel zurückgegangen, obwohl die umgesetzte Strommenge zugenommen hat. Beim zweiten Punkt - im Bereiche der Produktion - steht Liechtenstein besser da, weil wir ein hydraulisches Kraftwerk haben, das praktisch bezahlt ist. Wir haben also Gott sei Dank keine nicht amortisierbaren Investitionen im Raum stehen, oder sogenannte «stranded investments». Ich möchte hier nur anfügen, dass wir heute, ich sage, dem Herrgott danken können, dass wir die Rheinkraftwerke nicht gebaut haben. Ich habe das hier ja schon einmal erwähnt. Hätten wir damals diese Kraftwerke gebaut, dann hätten wir heute einen Riesenklotz am Bein im Sinne von nicht amortisierbaren Investitionen. Hier habe ich eine Frage an die Regierung: Soweit ich mich erinnern kann, war einmal die Rede davon, Konzessionsgebühren für die Nutzung der Wasserkraftwerke einzuführen. Ich möchte die Regierung fragen, ob das im derzeitigen Umfeld noch aktuell ist oder sogar aktueller geworden ist, und wie sich die Regierung dazu stellt. Völlig unklar ist noch der dritte Bereich, nämlich die Netzbetreibung. Auch in ihrem Bericht zu dieser Richtlinie macht die Regierung hier keinerlei Äusserungen, wie sie sich das vorstellt. Es wird gesagt, dass die Organisationsstruktur noch unklar ist. Ich möchte fragen, wie die Regierung die Zukunft im Bereich der Netzbetreibung sieht. Auf jeden Fall kann man sagen, dass durch diese Richtlinie die LKW ganz mächtig unter Strom gesetzt werden, vor allem geht es auch um die Arbeitsplätze bei den LKW. Und ich möchte die Regierung auch fragen, wie sie es mit dem Personal bei den LKW sieht, ob die Zukunft der Arbeitsplätze gesichert ist, und mit welchen Umstrukturierungen die Menschen bei den LKW zu rechnen haben im Rahmen dieser Richtlinie.

Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren. Die Übernahme der Richtlinie scheint unbestritten zu sein. Ich kann mich im Wesentlichen den Ausführungen ohne weiteres anschliessen, die der Abg. Egon Matt vorhin gemacht hat. Es bricht tatsächlich ein neues Zeitalter an. Es wird Wettbewerb geben, auch bei der Stromversorgung. Das wirft natürlich einige Fragen auf, Fragen, die wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht alle abschliessend beantworten können. Klar ist, dass die Konsumenten von tieferen Preisen profitieren werden. Genau genommen beginnt das neue Zeitalter nicht erst mit dem Beschluss der Übernahme dieser Richtlinie, sondern es hat längstens begonnen, indem die Vorwirkungen der Liberalisierung bereits spürbar sind. Die Preise sind im Sinken, es hat bereits eine markante Preissenkung gegeben. Die Liberalisierung ist bereits heute in Form von sinkenden Strompreisen und einem emsigen Restrukturierungsvorbereitungsprozess bei den LKW spürbar. Sie haben auch zu Recht die drei Bereiche Handel, Produktion und Netz auseinander gehalten. Die Frage ist, wie die neue LKW strukturiert sein soll. Und aus Ihren Ausführungen kann man auch das Dilemma erkennen. Zum einen sind die LKW, so wie sie heute sind, zu klein, um im internationalen Wettbewerb ohne weiteres bestehen zu können, vor allem was den Handel angeht. Das würde an sich dagegen sprechen, dieses Unternehmen aufzuteilen. Es ist glasklar, dass ein Stromhandelsbetrieb nur überlebensfähig ist, wenn er international kooperiert, sei das durch Einräumen von Beteiligungen, sei das durch Fusion, sei das auf andere geeignete Weise. Die LKW werden, und das ist den LKW sehr bewusst, im Bereich Stromeinkauf/Stromverkauf/Vertrieb kooperieren wollen und müssen, wenn dieser Bereich überleben will. Das ist ganz klar. Auf der andern Seite der Netzbetrieb: Das Netz gehört dem Land und soll auch im Land bleiben - unseres Erachtens. Und hier haben wir das erste Problem. Wenn wir einerseits den LKW die Kooperationsmöglichkeit öffnen wollen, die Möglichkeit, Beteiligungen für ausländische Firmen im Bereich Stromhandel zu geben, andererseits das Netz aber nicht ins Ausland verkaufen wollen - ich gehe jetzt einmal davon aus, dass das Sinn macht, das Netz im Land zu behalten - dann geht das nicht mit einem Unternehmen. Dann brauchen wir mindestens zwei Unternehmen. Wenn wir zwei Unternehmen machen, werden die LKW noch kleiner, als sie heute schon sind. Also hier ist noch einige Arbeit zu leisten. Wir sind auch mit den LKW in sehr intensiven Gesprächen, wie diese neue Struktur sinnvollerweise ausschaut, damit die volkswirtschaftlichen Interessen gewahrt sind und natürlich auch die legitimen Interessen der LKW mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Frage, was mit Arbeitsplätzen geschieht, hängt wesentlich davon ab, wie die neue Struktur aussieht, und natürlich auch, in welchem Zeitraum diese strukturelle Anpassung, dieser Umbau der LKW über die Bühne gehen soll. Das hängt auch mit der Geschwindigkeit der Marktöffnung zusammen. Je radikaler, je schneller man diese Marktöffnung macht, desto stärker betroffen sind die LKW, ökonomisch also stärker betroffen wären Arbeitsplätze. Auch ein Grund, weshalb wir der Meinung sind, dass wir nicht eine Marktöffnung über Nacht machen können. Die LKW sind, wie gesagt, sehr gut auf diese Entwicklung vorbereitet. Seit Jahren stellen sie sich darauf ein, verwenden sehr viel Energie und Zeit darauf, diesen Herausforderungen zu begegnen. Wenn Sie im Jahresbericht der LKW lesen, werden auch schon seit mehreren Jahren Rückstellungen gebildet für Frühpensionierungsmodelle beispielsweise, weil die LKW davon ausgehen, dass die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - ich sage jetzt einmal vorsichtig - nicht steigen wird als Folge dieses Prozesses. Es wird aber mit Sicherheit nicht zu Entlassungen kommen müssen. Davon dürfen wir sicher ausgehen. Wie gesagt: Es hängt davon ab, wie die neue Struktur ist. Da sind wir mitten im Prozess und wir wollen im Sommer eine Vernehmlassungsvorlage auf den Tisch legen, die derzeit erarbeitet wird.Dann noch eine Frage betreffend Konzessionsgebühren: Auch diese Frage wird derzeit geprüft, weil es mitunter rechtlich problematisch sein könnte, den LKW diese Konzessionsgebühren zu erlassen, wenn sie als privater Produzent von Strom auftreten. Stichwort: Staatliche Beihilfe. Das Nichtgeltendmachen von Konzessionsgebühren ist dasselbe, wie wenn man einen privaten Betrieb nicht besteuern würde. Und das ist natürlich für die Konkurrenten auf dem Markt, die es auch bei der Produktion gibt, mitunter etwas, was als Wettbewerbsverzerrung gesehen wird. Das müssen wir anschauen, eine noch offene Frage. Wir werden die Zeit, die wir haben, um diese Fragen zu klären, nutzen. Wir haben ja Übergangsfristen laufen. Es ist ja auch so, dass in der Schweiz die Liberalisierung noch nicht zeitlich genau terminiert wird. Und bevor nicht in der Schweiz der Durchgang von Energie möglich ist, würde uns ein Vorpreschen in zeitlicher Hinsicht ja sowieso nichts bringen. Insofern liegen wir im Zeitplan und werden in den kommenden Monaten Ihnen eine entsprechende Vorlage oder ein Paket von Vorlagen, das ein Energiemarktgesetz umfassen wird und ein total revidiertes LKW-Gesetz, vorlegen.

Abg. Rudolf Lampert:

Ich möchte jetzt hier auf keinen Fall eine LKW-Debatte vom Zaun brechen. Aber Sie haben die LKW angetönt und es liegt auf der Hand, dass sich dort etwas tun muss. Hat sich die Regierung auch schon - und ich meine das wirklich positiv - Gedanken darüber gemacht? Sie haben jetzt von Angestelltenabbau gesprochen, über Frühpensionierungen usw., dass sich die Angestellten beispielsweise als Unternehmer an den LKW - ich spreche vor allem vom Teil Unterhalt und Verkaufsgeschäft usw. -, dass die LKW-Angestellten sich als Unternehmer betätigen könnten, indem ihnen beispielsweise Aktien zum Kauf angeboten werden und dadurch praktisch eine Trennung vom Stromproduzenten stattfinden könnte.

Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:

Unsere Konzeption ist eine andere. Wir wollen die Bereiche, die Marktleistungen erbringen, auf jeden Fall privatisieren. Und da gehört natürlich der Laden, die Installation dazu. Aber auch der Stromhandel gehört dazu. Das soll privatisiert werden. Und dann soll das private Unternehmen selber entscheiden, wem sie die Aktien verkaufen. Das geht dann die öffentliche Hand nichts mehr an. Ich glaube, es wäre nicht richtig, wenn der Staat jetzt dafür sorgen würde oder Einfluss nehmen würde darauf, wie denn eine private Gesellschaft, die dann wirklich auch privat sein soll im Bereich Installation und Laden, geführt wird. Das ist dann wirklich privat im Endausbau. Ich kann mir gut vorstellen, dass in einer Übergangszeit, die auch mehrere Jahre dauern kann, der Staat diese Aktien hält und nicht verkauft. Das ist dann eine politische Entscheidung. Aber vom Konzept her müssen wir die Privatisierung schon ernst nehmen. Die Frage ist: Was passiert mit dem Netz? Bleibt das in einer Gesellschaft? Da muss ich noch etwas korrigieren, was der Abg. Egon Matt beiläufig erwähnt hat, das müsse getrennt werden. Das ist rechtlich nicht notwendig. Man könnte ohne weiteres die LKW in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt lassen. Das Rechtskleid müsste rechtlich nicht geändert werden. Es sind die Marktkräfte, die eine andere Struktur, eine privatrechtliche Form verlangen, damit eben Beteiligungen angeboten werden können usw. Aber rechtlich gibt es keinen Zwang. Es gibt nur einen Zwang, eine klare rechnerische Aufteilung/Trennung der Bereiche zu machen, dieses sog. Unbandling. Grundsätzlich sind wir frei, diese Struktur zu wählen. Wir müssen die Struktur finden, die volkswirtschaftlich und für die LKW die ideale ist. Da gibt es eben unterschiedliche Modelle.

Abg. Rudolf Lampert:

Ich glaube nicht, dass Sie richtig liegen, dass die Gesellschaft bestimmt, wer künftig Aktionär ist, denn das Land ist Aktionär, und somit ist es ein politischer Entscheid, ob die Mitarbeiter hier eingebunden werden oder nicht, und nicht Sache der Aktiengesellschaft, wem nun die Aktien dann schlussendlich übergeben werden, weil das Land Liechtenstein künftiger Aktionär sein wird über das heutige Dotationskapital.

Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter:

Das ist natürlich richtig, solange das Land Aktionär ist.

Landtagspräsident Peter Wolff:

Wenn das Wort nicht mehr gewünscht wird, stimmen wir ab. Wer dem Beschluss Nr. 168/1999 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 26. November 1999 die Zustimmung erteilt, möge die Hand erheben.

Abstimmung: Einhellige Zustimmung

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