Multilaterales Übereinkommen vom 24. November 2016 zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Nr. 114/2019)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 31: Multilaterales Übereinkommen vom 24. November 2016 zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung. Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 114/2019 und steht zur Diskussion.Abg. Elfried Hasler
Danke für das Wort. Das OECD- und G20-Projekt «Base Erosion and Profit Shifting», kurz BEPS, führte zu einem 15 Massnahmen umfassenden Aktionsplan. Mit diesem Aktionsplan soll verhindert werden, dass insbesondere multinationale Konzerne ihre Gewinne in steuergünstige Länder verschieben oder sich gar ganz der Besteuerung entziehen. Mit den im 2015 veröffentlichten Schlussberichten, welche Massnahmen und Empfehlungen beinhalten, wurde das BEPS-Projekt offiziell abgeschlossen. Liechtenstein beziehungsweise der Landtag hat seither einige Ergebnisse des BEPS-Projekts bereits gesetzlich umgesetzt. Mit dem heute vorliegenden Bericht und Antrag soll ein weiteres Ergebnis des BEPS-Projektes, nämlich das sogenannte Multilateral Instrument, kurz MLI, durch die Ratifizierung eines multilateralen Abkommens umgesetzt werden. Einige BEPS-Massnahmen sind durch die Anpassung bestehender Doppelbesteuerungsabkommen umzusetzen. Ziel des MLI ist die rasche und international einheitliche Umsetzung diverser BEPS-Massnahmen ohne langwierige bilaterale Neuverhandlungen der einzelnen bestehenden DBAs. Dabei sind durch die Vertragsstaaten Vorbehalte und Optionen wählbar, wobei allerdings der BEPS-Mindeststandard in jedem Fall einzuhalten ist. Das Abkommen hat jedoch nur dann Auswirkungen auf bestehende DBAs zwischen Liechtenstein und einem DBA-Abkommensstaat, wenn beide Vertragspartner das MLI-Abkommen ratifiziert haben, und entfaltet auch nur in jenen Punkten Wirkung, in denen beide Vertragsstaaten im MLI übereinstimmen. Für Liechtenstein wird der Spielraum des Abkommens im Sinne von Vorbehalten und Optionen so genutzt, dass im Rahmen des MLI-Abkommens lediglich die BEPS-Mindeststandards umgesetzt werden sollen. Die Umsetzung weiterer BEPS-Standards in den liechtensteinischen DBAs soll im Rahmen bilateraler DBA-Verhandlungen stattfinden. In den neueren DBAs Liechtensteins wurden die BEPS-Mindeststandards bereits adressiert. Die konkreten Auswirkungen des gesamten BEPS-Projektes für Liechtenstein sind heute noch schwer abschätzbar. Dennoch muss davon ausgegangen werden, dass Länder wie Liechtenstein zu den Verlierern der BEPS-Bestrebungen gehören werden, denn übergeordnetes Leitprinzip des BEPS-Projektes ist der Grundsatz, dass die Besteuerung von Unternehmen dort erfolgen soll, wo die Gewinne erzielt werden beziehungsweise sich auch die Kunden befinden, und nicht mehr nur dort, wo die Unternehmen ihren Sitz haben. Aber auch mit dem 2015 abgeschlossenen BEPS-Projekt ist das Thema der grenzüberschreitenden Besteuerung noch keinesfalls vom Tisch. Als Folgearbeiten des BEPS-Projekts und im Auftrag der G20 sind zurzeit im Rahmen der OECD über 130 Staaten weiter daran, neue Besteuerungsregeln für die internationale digitale Wirtschaft zu erarbeiten. Die Arbeiten sollen bis 2020 abgeschlossen werden. Insgesamt eine Entwicklung, von der Liechtenstein als Exportnation, als Staat mit kleinem Heimmarkt, als Holdingstandort und als potenzieller Standort der digitalen Wirtschaft wohl negativ betroffen sein wird. Für die Steuereinnahmen Liechtensteins eine insgesamt bedrohliche Entwicklung. Insbesondere auch die im Raum stehenden Tendenzen zu einer Einführung von Mindeststeuersätzen stellen für die attraktive Unternehmensbesteuerung in Liechtenstein und damit für einen wesentlichen Standortvorteil eine Bedrohung dar. Wie in vielen internationalen Entwicklungen gilt auch hier, dass sich ein Kleinstaat dieser Entwicklung nicht widersetzen kann und zumindest die Mindeststandards übernehmen muss. Liechtenstein tut zudem gut daran, sich in Zusammenarbeit mit anderen Staaten mit ähnlicher Interessenlage aktiv in die multilateralen Diskussionen aktiv einzubringen. Ich spreche mich für Eintreten auf die Vorlage aus.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Christoph Wenaweser
Danke, Herr Präsident. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Mit der Beschreibung der Inhalte der Vorlage und auch vor allem mit der Beschreibung der Auswirkungen der Vorlage, auch mit den Auswirkungen von BEPS, wie sie vom Kollegen Elfried Hasler gemacht worden sind, stimme ich absolut überein. Doch BEPS war nicht das letzte Ungemach in Bezug auf die Besteuerung international tätiger liechtensteinischer Unternehmen. Wir kennen auch die neuesten Bemühungen der OECD zu weiteren Umbauplänen der Besteuerung internationaler Unternehmen. Da wird auch nochmals einiges auf uns zukommen. Vielleicht könnte der Herr Regierungschef zu diesem Thema noch Ausführungen machen, wie die aktuelle Situation diesbezüglich aussieht. Dann möchte ich lobend erwähnen, dass auch bei diesem multilateralen Übereinkommen, das wir jetzt abzusegnen haben, nur der Mindeststandard von BEPS umgesetzt werden soll, genauso wie auch bei der Umsetzung einzelner der fünfzehn Empfehlungen aus dem OECD/G20-Projekt nur die Mindestanforderungen erfüllt worden sind, ausdrückliches Kompliment hierfür an die Regierung. Dann schreibt die Regierung auch, dass die Schweiz in der Umsetzung dieses multilateralen Übereinkommens, das übrigens dort von den Parlamentskammern bereits im August ratifiziert worden ist, einen ähnlichen Ansatz gewählt habe. Hierzu noch die Frage: Wo unterscheidet sich der von der Schweiz gewählte Ansatz zum von uns gewählten Ansatz?Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungschef Adrian Hasler
Besten Dank, Herr Präsident. Besten Dank, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, für die Würdigung der Vorlage. Der Abg. Christoph Wenaweser hat noch Fragen gestellt im Zusammenhang mit der aktuellen Entwicklung betreffend Besteuerung der Digital Economy. Ich möchte hier an dieser Stelle nur rudimentär ausführen und bitte auch um Verständnis, dass hier gewisse Schritte noch intern diskutiert werden. Ich kann Ihnen sagen, dass im Rahmen des BEPS-Projektes im Mai 2019 ein sogenanntes «program of work» verabschiedet und von der G20 auch genehmigt wurde, wonach die OECD ein sogenanntes Zweisäulenmodell entwickeln soll, um die BEPS-Aspekte digitaler Geschäftsmodelle zu lösen. Pillar 1, also Säule 1, dieses Modells befasst sich mit der Ausweitung beziehungsweise Neuverteilung von Besteuerungsrechten zwischen Ansässigkeits- und Marktstaaten. Das heisst, es geht darum, dass das Besteuerungsrecht aufgeteilt werden soll und vermehrt auch die Marktstaaten einen Teil des Steuersubstrats erhalten sollten. Säule 2 oder Pillar 2 befasst sich mit der Frage einer globalen Mindestbesteuerung. Hier geht es darum, dass man einen effektiven Mindeststeuersatz vorsieht, und das ist natürlich speziell für Liechtenstein mit dem tiefen Steuersatz von 12,5%, den wir haben, plus noch den EK-Zinsabzug sicher ein grosses Thema, das uns stark tangieren wird. Für beide Themenbereiche soll Ende 2020 eine Lösung verabschiedet werden. Es ist für mich klar, dass hier politisch ein sehr grosser Druck vorhanden ist, dieses Projekt entsprechend auch voranzutreiben. Auf der anderen Seite muss man sich aber auch bewusst sein, dass die technische Umsetzung zu grossen Fragenstellungen führen wird. Hier sind noch viele, viele Punkte unklar und diese müssen zuerst geklärt werden, bevor dann dieses Projekt auch technisch umgesetzt werden kann.Dann haben Sie noch die Schweiz angesprochen. Soweit ich informiert bin, ist es so, dass die überwiegende Anzahl der Staaten die bestehenden DBAs gemeinsam mit diesem MLI lesen. Die Steuerverwaltung hat ja auch angekündigt, eine Synthese zu machen, damit man dann wirklich ein gemeinsames Dokument hat. Betreffend Schweiz ist es so, dass wir das DBA mit der Schweiz entsprechend anpassen werden. Also die Schweiz hat hier ein anders Verständnis betreffend die Wirkungsweise des LMI.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Es gibt keine weiteren Wortmeldungen, somit wenden wir uns dem Antrag der Regierung zu. Der Antrag lautet: «Der Hohe Landtag wolle dem multilateralem Übereinkommen vom 24. November 2016 zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung und den Vorbehalten und Notifikationen des Fürstentums Liechtenstein sein Zustimmung erteilen.»
Wer mit dem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Stimme abgeben.Abstimmung: Zustimmung mit 21 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 21 Stimmen die Zustimmung erteilt und wir haben Traktandum 31 abgeschlossen. -ooOoo-