Beschluss Nr. 311/2019 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 13. Dezember 2019 (Verordnung (EU) 2018/302 über Massnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarktes) (Nr. 26/2020)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 29: Beschluss Nr. 311/2019 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 13. Dezember 2019 (Verordnung (EU) 2018/302 über Massnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarktes).Der Bericht und Antrag trägt die Nr. 26/2020. Er steht zur Diskussion.Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Besten Dank, Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Mit der Zustimmung zu diesem Beschluss Nr. 311/2019 des gemeinsamen EWR-Ausschusses sollen Massnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung der Kunden getroffen werden. Durch dieses sogenannte Geoblocking, auch bekannt als Ländersperre, wird der Zugriff bestimmter Nutzer zu gewissen Internetinhalten länderweise gesperrt oder beschränkt, sodass beispielsweise ein Käufer aus Liechtenstein eine andere Website oder einen anderen Shop sieht als zum Beispiel ein Kunde aus Österreich. Technisch erfolgt dies über die IP-Adresse des Kunden, über die der Shopbetreiber erkennen kann, aus welchem Land der Nutzer kommt. Sodann bekommt der Nutzer je nach seiner Herkunft jene Seiten zu sehen, die der Shopbetreiber ihn sehen lassen möchte. Laut einer Erhebung der EU-Kommission nutzen bis anhin knapp zwei von drei Onlineanbietern in Europa Geoblocking-Methoden. Rund 63% der Onlineshops lassen Kunden aus dem EU-Ausland grundsätzlich nicht bei sich einkaufen. Oft auch werden ausländische Kunden automatisch an Webseiten weitergeleitet, wo es das gewünschte Produkt nicht gibt oder es teurer angeboten wird. Dies soll nun mit dem uns hier vorliegenden Beschluss geändert werden und die zur Durchführung der direkt anwendbaren Verordnung erforderlichen Gesetzesanpassungen im UWG oder im AStG erfolgen. Die Verordnung, die nur für den Vertrieb an Endabnehmer gilt, hat dabei einen klar definierten Anwendungsbereich. Konkret regelt die Verordnung drei Fallkonstellationen ungerechtfertigter Diskriminierung aufgrund Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Niederlassung eines Kunden: - Die Zugangsbeschränkung zu Online-Benutzeroberflächen
- Die Diskriminierung bei allgemeinen Geschäftsbedingungen
- Die Ungleichbehandlung bei der Abwicklung von Zahlungsvorgängen
Die entsprechenden notwendigen Gesetzesanpassungen geben sodann liechtensteinischen Kunden die Möglichkeit, gegen Anbieter vorzugehen, die grenzüberschreitend tätig sind und gegen das Verbot von ungerechtfertigtem Geoblocking verstossen. Wenn es zu Streitigkeiten zwischen Kunden und Anbietern aufgrund dieser Verordnung kommen sollte, wird das Amt für Volkswirtschaft als inländische Stelle diese Kunden bei solchen Streitigkeiten unterstützen. Diese neue Aufgabe soll beim Amt mit den vorhandenen Ressourcen bewältigt werden können. Es wird daher aktuell keine neue Stelle für diese Funktion benötigt. Eine Frage habe ich noch zu Art. 4 dieser Verordnung: Art. 4 Abs. 1 verbietet es, unterschiedliche AGBs - also allgemeine Geschäftsbedingungen - für unterschiedliche Länder in puncto Zugang zu Waren oder Dienstleistungen betreffend Verkaufspreise, Vertrags- und Lieferbedingungen anzuwenden. Gemäss dem Abs. 2 von ebendiesem Art. 4 gibt es jedoch wiederum eine Ausnahme. Demnach dürfen Anbieter doch unterschiedliche AGBs anwenden, falls dies in nichtdiskriminierender Weise erfolgt. Ein Anbieter darf also auch zukünftig sein Angebot in den einzelnen Mitgliedstaaten differenzieren und unterschiedliche Geschäfts- und Zahlungsbedingungen anwenden, falls dafür eigene länderspezifische Websites bestehen. Folglich - und das ist nun meine Frage an den Herrn Regierungschef-Stellvertreter - ist also eine differenzierte Preisgestaltung auf Grundlage verschiedener Faktoren - wie beispielsweise unterschiedlicher Mehrwertsteuer - nach wie vor zulässig und man ist nicht zu einer EU-übergreifenden Harmonisierung der Preise verpflichtet? Soll heissen, vom Kunden in Liechtenstein kann also wie bisher ein anderer Preis verlangt werden, wenn er sich etwas im Internet bestellen möchte?Auch wenn diese ungerechtfertigte Diskriminierung des Geoblocking nur schon aus Gründen der Gleichbehandlung aufgehoben werden muss und daher für den Konsumenten mit Sicherheit positiv zu werten ist, frage ich mich doch auch, ob diese Verordnung nicht auch Nachteile und Risiken bergen könnte. So zum Beispiel der Nachteil, dass nun noch mehr in fremden Ländern online eingekauft wird und das heimische Gewerbe noch mehr Einbussen zu erwarten hat. Vor allem dann, wenn meine Frage insoweit vom Herrn Regierungschef-Stellvertreter beantwortet wird, als dass auch der Kunde aus Liechtenstein neu das billigste Angebot im Binnenmarkt beziehen kann, was ihm aber, wie bereits erwähnt, aus Gründen der Gleichbehandlung natürlich auch zusteht. Auch wenn diese Punkte sicher zu beachten sind, werde ich dem Beschluss meine Zustimmung erteilen. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Abg. Thomas Lageder
Besten Dank, Herr Präsident, für das Wort. Die Frau Landtagsvizepräsidentin hat diesen Bericht und Antrag bereits bestens erklärt. Ich möchte nur noch einen Punkt hinzufügen, nämlich dass gerade Streamingangebote eben von dieser EU-Richtlinie oder diesem EU-Beschluss ausgenommen sind, und das aufgrund von Nutzungsrechten. Das ist natürlich schade, aber das wird auf absehbare Zeit so bleiben. Es bleibt mir nur noch übrig kundzutun, dass ich diesem Beschluss meine Zustimmung erteilen werde. Vielen Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Alexander Batliner
Vielen Dank, Herr Präsident, für das Wort. Ja, Herr Abg. Lageder, genau um das geht es. Und genau dort sehe ich das Problem dieser EU-Richtlinie - in Bezug auf die Streamingangebote. Die Landtagsvizepräsidentin hat diese Einschränkung dieser Richtlinie nicht erwähnt. Ich kann den Ausführungen der Landtagsvizepräsidentin auch im Grossen und Ganzen zustimmen, bin aber auch dort der Ansicht, dass es natürlich für die Onlineplattformen in unserem Land schwieriger werden wird, dementsprechend auch preislich mit ausländischer Konkurrenz mitzuhalten. Gerade auch, wenn ich wieder einmal den gegenwärtigen Eurokurs vergegenwärtige und zumal auch die Schweiz diesbezüglich keine Anstalten macht, gemäss Bericht und Antrag Seite 6, diese Richtlinie ebenfalls umzusetzen. Die Streamingangebote, auf diese möchte ich jetzt doch noch ein wenig genauer eingehen, weil ich für mich hier zu einem anderen Beschluss als der Abg. Lageder komme. Ich werde dieser Richtlinie deshalb nicht zustimmen.Wir haben es soeben gehört bei der Debatte um 25 Jahre EWR, der Herr Regierungschef hat es ausgeführt, es wird schwieriger, Kompromisse zu finden oder mit gewissen Ausnahmen Gehör zu finden. Wie will man das in Brüssel auch erwarten, wenn man etliche Richtlinien verabschiedet, die unserer Wirtschaft zum Teil zum Nachteil gereichen und diesbezüglich gar keine Veranlassung gesehen wird in Brüssel, überhaupt Kompromisse einzugehen. Wenn man zum Teil auch die Ansicht vertritt, dass man EU-Richtlinien hier in diesem Hause gar nicht ablehnen kann - was ich eigentlich nicht gutheisse. Eine Ablehnung würde für mich immer auch bedeuten, die Regierung aufzufordern, nochmals das Gespräch zu suchen, um gewisse Ausnahmen zu erreichen und auch den Druck zu erhöhen. Denn gerade bei dieser Richtlinie und bei dieser Ausnahme der Streamingangebote hat Liechtenstein eine Ausnahmestellung, die kein anderes EU-Land und kein EWR-Land und kein EFTA-Staat vorweisen kann. Wir sind das einzige Land ohne TV-Station, die live Bericht erstattet oder internationale Verbreitung geniesst. Und wer kennt ihn nicht, den berühmten Satz: «Dieser Inhalt ist in ihrem Land nicht verfügbar.» Das kann solche konkreten Gegebenheiten hervorrufen: Ich liege auf dem Sofa mit dem iPad, kann eine Sendung nicht sehen, obwohl sie im TV, das ans Kabel angeschlossen ist, bestens empfangbar ist. Das ist doch eine Einschränkung auch für die Liechtensteiner Bevölkerung, wie mobile Medien genutzt werden können. Denn ich habe diesen berühmten Satz auch schon bei Onlineangeboten und mobilen Angeboten des Schweizer Fernsehens lesen müssen. Und es ist nun mal mit dieser Richtlinie so, dass Livestreams und Mediatheken von TV-Sendern genau diese Ausnahme dementsprechend bilden und sich deshalb die Situation bei uns im Land diesbezüglich nicht ändern wird. Die Chance wäre hier gegeben, mit dieser EU-Richtlinie zumindest zu versuchen, für uns als Liechtenstein ohne TV-Station eine Ausnahme auszuverhandeln. Denn in erster Linie geht es doch, sind wir ehrlich, um Sportübertragungen. Es geht um die Urheberrechte von Fussballspielen in erster Linie oder von nationalen Ligen. Dort ist doch die Krux der ganzen Geschichte in erster Linie erkennbar. Diese Einschränkung, dass wir hier diesbezüglich auch wieder mit allen anderen Staaten gleichgesetzt werden, mich stört das, weil es einfach auch ein Nachteil ist für die Bevölkerung, wie die Streamingangebote bei uns im Land verwendet werden können oder eben nicht. Diesbezüglich besitzt nun unsere Bevölkerung, die in Liechtenstein wohnhafte Bevölkerung, gegenüber allen anderen EU-, EWR- und EFTA-Staaten einen Nachteil, weil wir ausländische TV-Stationen über Streamingdienste nicht empfangen können, während alle anderen zumindest die Möglichkeit haben, ihr eigenes TV-Programm über Streamingdienste zu empfangen. Das ist ein Nachteil der Liechtensteiner Bevölkerung gegenüber dem Rest der EU-, EWR- und EFTA-Staaten, und damit habe ich einfach meine Mühe. Auch wenn es nicht das zentrale und wichtigste Thema ist. Aber man sollte schon zumindest alle Hebel in Bewegung setzen, dass solche Nachteile auch bei solchen Themen nicht mit EU-Richtlinien bei uns im Land Geltung bekommen. Vielen Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen? Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch
Vielen Dank für das Wort, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Ich beginne mit den Fragen der Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz. Sie haben gefragt bezüglich der Möglichkeit der differenzierten Preisgestaltung aufgrund verschiedener Faktoren. Ja, diese unterschiedliche Preisgestaltung ist möglich, es ist auch erlaubt. Es verbietet nicht, nebeneinander bestehende, verschiedene länderspezifische Shops anzubieten. Dazu verweise ich gerne auf den Erwägungsgrund 27, wo eben steht, dass es den Anbietern grundsätzlich unbenommen ist, hier andere Angebote auch zu machen. Dann zur zweiten Frage, die Sie gestellt haben: Kann vom Kunden in Liechtenstein wie bisher ein anderer Preis verlangt werden, wenn er sich etwas im Internet bestellen möchte? Ja, die Verordnung bietet auch hier keine Preisdifferenzierung nach Ländern. Hierzu ist die Erwägung 22 einschlägig. Dann haben Sie noch ein paar Ausführungen gemacht zum Schutz des Gewerbes. Die Verordnung zielt natürlich vor allem auf die Konsumenten ab, die die Möglichkeiten dann noch haben sollen. Ich glaube, unabhängig davon, ob wir diese jetzt in Liechtenstein übernehmen und umsetzen: Wenn die anderen Länder diese Verordnung umsetzen - und das werden sie tun - dann werden auch die liechtensteinischen Kunden davon profitieren. Einzig, wir hätten nicht die Möglichkeit, über das AVW dann, das Recht auch einzufordern. Aber da es umgesetzt wird in den anderen Ländern, sind die Onlineshops beispielsweise dort verpflichtet, das zu tun, und das hätte sicher auch einen indirekten Einfluss auf Liechtenstein. Also verhindern würden wir diesen Punkt nicht können. Dann komme ich zu den Themen, die der Abg. Thomas Lageder und der Abg. Alexander Batliner aufgeworfen haben. Natürlich, ich bedaure das auch, dass das nicht enthalten ist. Aber es ist eben ausgenommen und insofern ist da wenig zu tun oder wenig möglich. Vielleicht einfach noch eine kleine technische Ausführung zu Ihrem Anschauungsbeispiel: Wenn Sie zu Hause auf der Couch liegen, gleichzeitig fernsehschauen und mit dem iPad streamen, dann ist es unter Umständen auch so, dass Sie vielleicht auf einem mobilen Netz sind, das keine liechtensteinische Kennung hat. Ein liechtensteinisches Netz hat eine österreichische Kennung und auch so sind Sie dann in einem anderen Land und können zum Teil nicht das gleiche Angebot sehen. Das ist auch ein Nachteil in gewissen Situationen. Das andere Thema, das ist natürlich: Wenn Sie sagen: Die anderen können wenigstens ihren eigenen Fernsender empfangen. Ja, das ist ein Argument, das können wir in Brüssel natürlich nicht geltend machen und sagen: Wir sind die Einzigen, die uns kein eigenes Fernsehen leisten. Das Problem ist ja, dass wir vielleicht gerne ein Fussballspiel aus einer anderen Liga sehen würden. Und da ist es dann unter den EU-Staaten ja mit dieser Regelung leider das Gleiche. Also insofern werden wir da wahrscheinlich keine Punkte sammeln können und keine Lösungen finden, da das eben für alle auch gleich gilt - so sehr ich das in diesem spezifischen Punkt auch selbst bedaure. Vielen Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Wir kommen zum Antrag der Regierung. Er lautet: «Der Hohe Landtag wolle dem Beschluss Nr. 311/2019 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 13. Dezember 2019 die Zustimmung erteilen.» Wer mit diesem Antrag einverstanden ist, möge bitte die Hand heben.Abstimmung: Zustimmung mit 22 Stimmen
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 22 Stimmen bei 25 Anwesenden die Zustimmung erteilt und wir haben Traktandum 29 abgeschlossen.-ooOoo-