Bewilligung von Nachtragskrediten (II/2021) (Nr. 51/2021)
Landtagspräsident Albert Frick
Wir kommen zu Traktandum 10: Bewilligung von Nachtragskrediten (II/2021).Der Bericht und Antrag der Regierung trägt die Nr. 51/2021. Wird dazu das Wort gewünscht?Abg. Daniel Seger
Vielen Dank für das Wort, Herr Präsident. Bereits im Mai-Landtag habe ich bei der Behandlung des Justizpflegeberichts erwähnt, dass es bei den Pflegschaftssachen zu einem Höchststand gekommen ist. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass der Sachwalterverein mit den bisherigen Ressourcen an seine Grenzen stiess. Aus dem vorliegenden Bericht und Antrag geht deutlich hervor, wie sich die Fallzahlen seit dem Jahr 2014 verdoppelt haben. Seit März konnte der Sachwalterverein keine neuen Klienten aufnehmen. Für eine kurzfristige Entlastung wurde das Pensum einer Mitarbeiterin um 30% von Mai bis September erhöht und der Aufnahmestopp wurde zurückgenommen. Mittelfristig ist eine dauerhafte Erhöhung des Personalbestands um 80% geplant und ab Oktober werden zusätzliche Räume hinzugemietet. Beim gegenständlichen Nachtragskredit handelt es sich um eine gut nachvollziehbare Überbrückungslösung für das Jahr 2021. In der Zukunft wird mit zusätzlichen jährlichen Kosten in Höhe von CHF 120'000 gerechnet, welche wohl über einen entsprechend höheren Staatsbeitrag zu leisten sein werden.Ich schätze die Arbeit des Sachwaltervereins, seiner Mitarbeitenden und auch des Vorstands sehr. Sie leisten einen wichtigen Beitrag bei der Hilfe und Unterstützung von Menschen mit einer geistigen Behinderung oder psychischen Krankheit. Sie unterstützen mit ihrer Arbeit Menschen, die nicht oder nicht mehr in der Lage sind, bestimmte Angelegenheiten selbst zu erledigen, ohne dabei Gefahr zu laufen, benachteiligt zu werden. Bei den Menschen, für die sich der Sachwalterverein einsetzt, handelt es sich immer öfters auch um Jugendliche, die Drogenprobleme haben oder auf andere Art und Weise ihr Leben nicht im Griff haben. Für den Einsatz des Sachwaltervereins, seiner Mitarbeitenden und des Vorstands möchte ich mich im Namen der FBP-Fraktion, aber auch persönlich, ausdrücklich bedanken. Für die FBP-Fraktion ist die Zustimmung zu diesem Nachtragskredit unbestritten. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Georg Kaufmann
Danke. Der vorliegende Nachtragskredit betrifft den Sachwalterverein. Dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen Personen mit Lernschwierigkeiten oder Menschen, die an einer psychischen oder einer Demenzerkrankung leiden. Von diesen gibt es zunehmend mehr. Die Fallzahlen des Vereins gehen seit Jahren stetig in die Höhe und haben sich seit dem Jahr 2014 praktisch verdoppelt. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Aufgrund der Zunahme an Sachwalterschaften ist der Verein bereits im letzten Herbst an die Regierung gelangt und hat auf die Problematik hingewiesen. Dem Sachwalterverein wurde eine Beitragserhöhung für 2022 in Aussicht gestellt, so zu lesen im Protokoll der Finanzkommission. Die Warnung für 2021 blieb allerdings ungehört. So musste der Verein ab März dieses Jahres einen Aufnahmestopp einführen, da die Kapazitätsgrenzen der Mitarbeitenden erreicht wurden. Um die Zeit bis zur Budgeterhöhung im Jahr 2022 zu überbrücken, hat der Sachwalterverein nun entschieden, das Pensum einer bestehenden Mitarbeiterin von Mai bis September 2021 um 30% zu erhöhen und ab Oktober den Personalbestand um 80% zu erhöhen. Somit konnte der Aufnahmestopp ab Mai wieder zurückgenommen werden. Der vorliegende Nachtragskredit setzt sich also aus den Personalkosten für den temporären Personalaufbau von Mai bis September, den dauerhaften Personalaufbau von Oktober bis Dezember 2021 sowie den damit verbundenen Miet- und Infrastrukturkosten zusammen und beträgt gesamthaft CHF 71'000. Ich werde diesem Nachtragskredit gerne meine Zustimmung erteilen. Zusätzlich zum vorliegenden Bericht und Antrag habe ich den Jahresbericht des Vereins studiert, der die Situation detailliert, sehr persönlich und auch kritisch wiedergibt. Er zeigt wichtige Problemstellungen und Handlungsfelder auf, es werden auch Lösungsansätze angedacht, und ich ersuche die Regierung, diesen Bericht einer ernsthaften Lektüre zu unterziehen. Den Verantwortlichen des Sachwaltervereins und allen Mitarbeitenden, seien sie angestellt oder ehrenamtlich tätig, danke ich an dieser Stelle für ihre engagierte und wertvolle Arbeit und wünsche ihnen weiterhin alles Gute.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Dagmar Bühler-Nigsch
Besten Dank für das Wort. Um es gleich vorwegzunehmen: Ich stimme diesem Nachtragskredit ohne Vorbehalt zu. Ich bin jedoch klar der Meinung, dass diese Situation vorhersehbar war. Dass die Anliegen eines von der Regierung eingesetzten Vereins, der seit zehn Jahren mit einer Leistungsvereinbarung ausgestattet ist, erst ernstgenommen werden, wenn ein Klientenstopp beim Landgericht eingeschaltet wird, hat mich doch stutzig gemacht und ich wollte es genauer wissen. Der Sachwalterverein hat schon seit Längerem bei der Regierung deponiert, dass er mehr Geld braucht. Im September 2020 hat er sich schriftlich an das Ministerium gewandt und über den personellen und finanziellen Engpass informiert. Es wurde ihm mitgeteilt, dass eine Erhöhung frühestens für das Budget 2022 möglich ist, und somit war der einzige Ausweg, beim Landgericht einen Klientenstopp einzulegen. Die Grundlage für den Auftrag an den Sachwalterverein bildet das auf 1. Januar 2011 in Kraft getretene Vereinssachwaltergesetz. Die Sachwalterinnen und Sachwalter stehen nicht zum Vergnügen oder für ein Hobby im Einsatz. Sie haben einen klaren Auftrag der Regierung und werden durch das Gericht bestellt. Gemäss Gesetz hat die Regierung mindestens einmal im Jahr den Geschäftsstellenleiter zu einer Zusammenkunft einzuberufen, bei der Fragen der Durchführung der Sachwalterschaft und des Berichts zu erörtern sind. Ich bin der Meinung, wenn man diese jährlich vereinbarten Austauschtreffen auch durchführt, ist man über die aktuellen Entwicklungen informiert. Und wie im Bericht und Antrag zu lesen ist, sind die Aussichten für die nächsten Jahre nicht rosig. Die Altersgruppe 31- bis 60-jährig macht 50% der Klientinnen und Klienten aus. Mit Blick auf die Fallzahlen waren es im 2020 noch 117 Fälle und im 2022 rechnet man mit 135 Fällen, was ein Zuwachs von plus 15% in zwei Jahren bedeutet. Der Sachwalterverein unterstützt Personen mit Lernschwierigkeiten oder Menschen, die an einer psychischen Erkrankung oder einer Demenzerkrankung leiden. Sie beraten Angehörige, die selbst als Sachwalterin oder als Sachwalter bestellt sind. Sie unterstützen das Gericht, indem sie Abklärungen in laufenden Sachwalterschaftsverfahren durchführen. Die Sachwalterinnen und Sachwalter leisten sehr wertvolle Arbeit, indem sie die Autonomie ihrer Klientinnen und Klienten fördern. Diese stehen bei ihrer Arbeit im Vordergrund und werden geschützt, die niederschwellige Anlaufstelle ist offen zugänglich und die Zusammenarbeit funktioniert gut. Die Sachwalterinnen und Sachwalter begleiten die Klientinnen und Klienten mit dem Ziel, sie zur Eigenständigkeit zurückzuführen, damit sie ihre finanziellen Angelegenheiten wieder selbstständig regeln können. Gemäss Leistungsvereinbarung mit der Regierung ist der Verein verpflichtet, bestmögliche Entschädigungen und Entgelte zur Finanzierung der Betriebsaufwendungen zu erwirtschaften. Es gilt dabei zu beachten, dass es sich bei ihrer Kundschaft um Personen handelt, die selbst über keine Ersparnisse verfügen oder auf eine IV-Rente angewiesen sind. Darüber hinaus ist der Verein im Sinne einer Eigenleistung verpflichtet, sich um das Erlangen von Spenden zu bemühen. Der Verein ist deshalb stets bemüht, Stiftungen anzuschreiben und um Unterstützung zu bitten. So wurden die zwei Fahrzeuge durch Spendengelder finanziert, ebenso wird ein Teil der ehrenamtlichen Arbeit durch Spendengelder finanziert. Hier stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob dies wirklich eingefordert werden darf? Meines Erachtens handelt es sich beim Sachwalterverein ganz klar um eine staatliche Aufgabe, die auch entsprechend finanziert werden muss. Gemeinnützige Stiftungen sind keine Selbstbedienungsläden und wollen auch keine Lückenbüsser sein für Aufgaben, die der Staat an die Zivilgesellschaft auslagert. Ich denke, es ist wichtig, dass der Staat diese Aufgaben klar definiert und die Zuständigkeiten regelt. Besten Dank.Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Landtagsvizepräsidentin Gunilla Marxer-Kranz
Besten Dank für das Wort. Zustimmung zu diesem Nachtragskredit ist für mich unbestritten. Dennoch hätte ich noch eine Frage an den Herrn Minister, und zwar: Kann mir die Regierung die Gründe für diese doch sehr starke Zunahme der Anzahl an Sachwalterschaften benennen? Ein Anstieg von 15% innerhalb von zwei Jahren ist doch recht gravierend. Wissen Sie zufällig, ob auch in Zukunft mit einem derartigen Anstieg zu rechnen ist? Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Abg. Manuela Haldner-Schierscher
Besten Dank. Ich möchte mich den Ausführungen, der Kritik und den Bedenken der Abg. Dagmar Bühler-Nigsch von A bis Z anschliessen, ich möchte sie bestärken in ihrem Votum. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank.Regierungsrat Manuel Frick
Besten Dank für das Wort, Herr Präsident. Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete. Ich möchte auf einige der Stellungnahmen und die eine Frage, die an mich gerichtet wurde, eingehen, vorab aber mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sachwaltervereins und auch den Verantwortlichen im Vorstand und der Geschäftsstelle für ihre wertvolle Arbeit herzlich bedanken. Der Sachwalterverein bezweckt die Vertretung und Förderung der Interessen von volljährigen Personen mit psychischer Erkrankung oder geistiger Behinderung im Rahmen der dem Verein gesetzlich zugewiesenen Aufgaben. Betreffend die Übernahme von Sachwalterschaften wurde mit dem Verein eine entsprechende Leistungsvereinbarung abgeschlossen. Der Sachwalterverein hat im März dieses Jahres darüber informiert, dass die Kapazitätsgrenze aufgrund der Zunahme der Anzahl an Sachwalterschaften erreicht sei und bis auf Weiteres keine neuen Klienten mehr aufgenommen werden können. Um kurzfristig Entlastung zu schaffen und um einen Aufnahmestopp zu verhindern, hat der Sachwalterverein sodann entschieden, das Pensum einer bestehenden Mitarbeiterin für den Zeitraum von Mai bis September 2021 temporär um 30 Stellenprozente zu erhöhen. Des Weiteren ist vom Sachwalterverein ab Oktober 2021 eine dauerhafte Erhöhung des Personalbestandes um 80 Stellenprozente vorgesehen. Um die erforderliche Übernahme von Sachwalterschaften weiterhin gewährleisten zu können beziehungsweise um einen Aufnahmestopp durch den Sachwalterverein zu vermeiden, ist ein entsprechender Nachtragskredit beziehungsweise die Erhöhung des vereinbarten Staatsbeitrages notwendig. Für die Folgejahre hat diese Erhöhung des Personalbestandes um 80 Stellenprozent sowie die daraus resultierenden Mehrkosten für Mietaufwand eine Erhöhung von CHF 120'000 jährlich zur Folge. Diese Erhöhung werden wir für das Budget 2022 entsprechend vorsehen. Auf die Stellungnahmen der Abgeordneten Georg Kaufmann, Dagmar Bühler-Nigsch und dann in Verstärkung durch Manuela Haldner-Schierscher möchte ich kurz eingehen, da es sich da um eine verkürzte Darstellung handelt. Ich denke, Ihnen allen hier im Raum ist der Budgetierungsprozess im Land geläufig, bis wann die Regierung Vorlagen einbringen kann und das dann entsprechend dem Landtag auch vorlegt in der November-Sitzung. Was danach kommt, wird im normalen Budgetierungsprozess eben nicht berücksichtigt. Und das ist nicht nur beim Sachwalterverein so, sondern bei allen anderen Institutionen auch. Auf das entsprechende Schreiben des Sachwaltervereins im Spätherbst 2020, das eben für den Budgetierungsprozess 2021 zu spät eingegangen ist, hat das Amt für Soziale Dienste auch entsprechend geantwortet und auf diesen Umstand hingewiesen. Anbringen möchte ich, und das hat mich vor allem bei der verkürzten Darstellung der Abg. Bühler-Nigsch gestört, dass damals die Kapazitätsgrenze noch nicht erreicht war, sondern einfach darauf hingewiesen wurde, dass es in Zukunft der Fall sein könnte. Erst mit Schreiben an das Landgericht vom März dieses Jahres war dann effektiv die Kommunikation da, dass die Kapazitätsgrenze erreicht ist. Postwendend oder zeitnah wurde dann auch dieser Prozess aufgegleist, um diesen Missstand eben entsprechend beheben zu können. Für diesen Missstand gibt es eben genau diese Massnahme des Nachtragskredits, um da entsprechend gegenzusteuern.War es vorhersehbar oder wurde die Warnung nicht gehört? Das möchte ich verneinen. Ich nehme die Kritik entgegen jetzt in dieser neuen Funktion, wobei seit dem März dieses Jahres ja der Umstand deutlich besser aussieht, sodass der Sachwalterverein eben entsprechend wieder arbeiten kann. Das Problem wurde vom Ministerium in der jetzigen Konstellation und auch in der Vorgängerlegislatur ernst genommen und es brauchte nicht die Massnahme des Klientenstopps, bevor der Sachwalterverein gehört wurde. An einem regelmässigen Austausch bin ich ebenfalls interessiert - das ist jetzt nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft gerichtet - und dieser fand in diesem Jahr entsprechend bereits auch schon statt. Dann hat der Abg. Georg Kaufmann der Regierung die Lektüre des Jahresberichtes nahegelegt. Das ist nett, dass Sie das machen, aber es ist unnötig, weil er gelesen und der Regierung auch entsprechend zur Kenntnis gebracht wurde. Und ich spiele den Ball zurück, ich empfehle das den Abgeordneten auch gerne als entsprechende Lektüre. Dort finden sich dann auch Hinweise auf die Frage der Landtagsvizepräsidentin, wodurch der Anstieg verursacht wurde, zumindest indirekt, und zwar aufgrund der Altersstruktur der Fallzahlen sieht man das. Es wäre dem Jahresbericht auf der Seite 17 zu entnehmen, wo der entsprechende Anstieg eben stattgefunden hat. Verkürzt gesagt, sind es teilweise die 18- bis 30-Jährigen, wo ein kleiner Zuwachs stattgefunden hat. Vermehrt, also ein grosser Teil, war eben die Gruppe der 31- bis 60-Jährigen, die einen starken Zuwachs zu verzeichnen hatten in den letzten Jahren. Wenn man das in der grafischen Darstellung anschaut, dann ist der Mittelbereich in den letzten Jahren stark angestiegen, wobei die Jüngeren und die Älteren, in etwa - es stimmt nicht ganz - aber in etwa gleich geblieben sind. Das lässt doch darauf schliessen, dass es sich nicht jetzt primär um Demenzerkrankungen handelt in diesem Bereich, sondern eben Personen im aktiven Alter auch betrifft mit entsprechenden psychischen Erkrankungen als Hintergrund. Besten Dank. Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit bitte ich den Parlamentsdienst, den Finanzbeschluss zu lesen. Art. 1 wird verlesen.
Landtagspräsident Albert Frick
Art. 1 steht zur Diskussion.
Sie wird nicht benützt. Wir können weiterlesen.
Art. 2 wird verlesen.
Landtagspräsident Albert Frick
Vielen Dank. Damit können wir abstimmen. Wer dem vorliegenden Finanzbeschluss über die Bewilligung von Nachtragskrediten (II/2021) die Zustimmung erteilen möchte, möge bitte jetzt die Stimme abgeben.
Abstimmung: Zustimmung mit 24 Stimmen (exkl. Zustimmung der Abg. Haldner-Schierscher, s. Tr. 11)
Landtagspräsident Albert Frick
Der Landtag hat mit 24 Stimmen die Zustimmung erteilt und wir haben Traktandum 10 abgeschlossen. -ooOoo-