Kleine Anfragen

Stand zur Annahme oder Ablehnung der geänderten IGV

04. Dezember 2024
Frage von: Landtagsabgeordneter Herbert Elkuch
Antwort von: Regierungsrat Manuel Frick
Aufklappen und Zuklappen

Frage vom 04. Dezember 2024

Die Internationalen Gesundheitsvorschriften IGV sind Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Liechtenstein ist ein Vertragsstaat der Internationalen Gesundheitsvorschriften. Am 1. Juni 2024 wurde das Änderungspaket an der 77. Weltgesundheitsversammlung im Konsens, also ohne Abstimmung, angenommen. Das Änderungspaket enthält einige Vorgaben, die kritisch hinterfragt werden müssen. Die Änderungen treten für alle Vertragsstaaten in Kraft, mit Ausnahme derjenigen Vertragsstaaten, die eine Ablehnung oder einen Vorbehalt der WHO mitteilen. Ohne Widerspruch treten die Änderungen am 1. Juni 2025 automatisch in Kraft.

An seiner Sitzung vom 13. November 2024 hat der schweizerische Bundesrat beschlossen, zu den Anpassungen der IGV eine Vernehmlassung durchzuführen, um dem grossen öffentlichen Interesse an diesem Thema Rechnung zu tragen.

  1. Wird es in Liechtenstein auch eine Vernehmlassung ähnlich wie in der Schweiz geben, um dem grossem öffentlichen Interesse Rechnung zu tragen, oder warum nicht?
  2. Mit dem neuen Art. 44 bis wurde bei der IGV ein Finanzierungsmechanismus eingerichtet, um eine nachhaltige Finanzierung zu entwickeln. Können durch den Finanzierungsmechanismus aus heutiger Sicht finanzielle Verpflichtungen entstehen und wenn ja, in welcher Höhe?
  3. Über das Einlegen von Widerspruch hatte die Regierung am 4. Oktober noch nicht entschieden. Wurde mittlerweile eine Entscheidung getroffen und welche?
  4. Die geänderten IGV sehen vor, dass neu eine nationale IGV-Stelle benannt wird. Dies könne gemäss Regierung voraussichtlich das Amt für Gesundheit sein. Derzeit ist die Anlaufstelle laut Vereinbarung vom 2. Dezember 2011 die Landespolizei. Wie ist der Stand der Dinge?
  5. Der Buchstabe A von Anhang 1 der geänderten IGV bezieht sich auf Kernkompetenzen, mit der Fehlinformation und Desinformation als Unterpunkt adressiert sind. Ist die dadurch eingeschränkte Meinungsfreiheit mit unserer Verfassung kompatibel?

Antwort vom 06. Dezember 2024

zu Frage 1:

Die Regierung zieht die von gewissen Kreisen geäusserten Bedenken in den Prozess mit ein und wird die Öffentlichkeit über den Verlauf des weiteren Prozesses informieren.

zu Frage 2:

Aus dem koordinierenden Finanzierungsmechanismus können keine finanziellen Verpflichtungen entstehen.

zu Frage 3:

Es wurde noch keine Entscheidung getroffen.

zu Frage 4:

Die liechtensteinische IGV-Anlaufstelle ist bisher das Amt für Gesundheit in Kooperation mit der Landespolizei, da gemäss den geltenden IGV die Anlaufstelle rund um die Uhr erreichbar sein muss. Die neu zu ernennende nationale IGV-Behörde ist für die Durchführung von Vorschriften gemäss IGV zuständig. Mit diesen Aufgaben würde voraussichtlich das Amt für Gesundheit betraut.

zu Frage 5:

Korrekterweise ist in den geänderten IGV von Kernkapazitäten und nicht von Kernkompetenzen die Rede. Diese Kernkapazitäten sollen, entgegen der Fragestellung, geschaffen, gestärkt und erhalten bleiben, um die Öffentlichkeit mit fachlich und wissenschaftlich fundierten, objektiven Informationen zu übertragbaren Krankheiten zu versorgen. Dies in Einklang mit nationalem Recht, also ohne jegliche Einschränkung verfassungsmässiger Rechte wie der Meinungsfreiheit.

Umsetzungsstand der internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO

02. Oktober 2024
Frage von: Landtagsabgeordneter Herbert Elkuch
Antwort von: Regierungsrat Manuel Frick
Aufklappen und Zuklappen

Frage vom 02. Oktober 2024

Wegen erheblichen Änderungen bei den Internationalen Gesundheitsvorschriften, IGV, der WHO sind über 270 Personen mit einer Petition an den Landtag herangetreten, die vom Landtag an die Regierung überwiesen wurde. Die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften beinhalten umstrittene Punkte, welche für ein demokratisches freies Land wie Liechtenstein teils fragwürdig sind. Wie die Schweiz sollte auch Liechtenstein nach geltenden nationalen Verfahren und gemäss den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen entscheiden, ob Liechtenstein diese Anpassungen gutheissen oder ablehnen will.

  1. Mit dem neuen Art. 44bis wurde bei der IGV ein Finanzierungsmechanismus eingerichtet, um eine nachhaltige Finanzierung zu entwickeln, einschliesslich jener, die für Pandemienotfälle relevant sind und den Bedürfnissen der Entwicklungsländer gerecht werden. Gibt es dazu Erkenntnisse, wie weit dieser Finanzierungsmechanismus für Liechtenstein relevant ist und wie hoch die Kosten sein werden?
  2. Macht die Regierung vom Widerspruchsrecht Gebrauch? Wenn ja, in welchen Punkten und erfolgt dies in Abstimmung mit der Schweiz?
  3. Mit der Übernahme der IGV wird von den Vertragsstaaten eine Kernkapazität zur Überwachung gefordert, einschliesslich der Bekämpfung von Fehlinformation und Desinformation. Übernimmt die Regierung den Aufbau einer Kernkapazität zur Umsetzung dieser Forderung?
  4. Die Vertragsstaaten werden verpflichtet, eine nationale IGV-Behörde zu schaffen, welche die Umsetzung der IGV koordiniert und vollzieht. Wenn gegen diese Verpflichtung kein Widerspruch erhoben wird, wie viele Stellenprozente sieht die Regierung für diese Aufgabe vor?
  5. Via Zollvertrag ist Liechtenstein durch die Schweiz zumindest in Teilbereichen an die WHO gebunden. Wie stellt die Regierung sicher, dass die Schweiz offiziell erfährt, dass Liechtenstein Bedenken hat, wenn der wahrscheinlich 2025 anstehende Pandemievertrag sich an den dieses Jahr im Konsensverfahren beschlossenen internationalen Gesundheitsvorschriften ausrichtet?

Antwort vom 04. Oktober 2024

zu Frage 1:

Gemäss aktueller Einschätzung zieht dieser Artikel keine finanziellen Verpflichtungen für Liechtenstein nach sich.

zu Frage 2:

Die Regierung ist dazu in einem Austausch mit der Schweiz. Über das Einlegen von Widerspruch wurde noch nicht entschieden 

zu Frage 3:

Dieser Frage muss ein Missverständnis bzw. eine Fehlinterpretation des englischen Abkommenstexts zugrunde liegen. Der genannte Buchstabe A von Anhang 1 der geänderten IGV bezieht sich auf Kernkompetenzen, wobei das Adressieren von Fehlinformation und Desinformation lediglich als Unterpunkt der Stärkung der Risikokommunikation genannt wird.

zu Frage 4:

Auch hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Die geänderten IGV sehen vor, dass neu eine nationale IGV-Stelle benannt wird. Eine technische nationale IGV-Anlaufstelle besteht in Liechtenstein im Amt für Gesundheit. Diese könnte voraussichtlich die Aufgaben der nationalen IGV-Stelle übernehmen. Der genaue Aufwand für diese Funktion ist noch zu klären, es wird aber aktuell nicht von zusätzlich notwendigen Personalressourcen ausgegangen.

zu Frage 5:

Der sich noch in Ausarbeitung befindliche Pandemievertrag und die IGV sind zwei voneinander unabhängige Instrumente. Liechtenstein ist über den Zollvertrag lediglich an die IGV gebunden. Liechtenstein ist mit der Schweiz in einem laufenden Austausch, sieht aktuell aber keinen Handlungsbedarf in dieser Hinsicht.

IGV-Revision der WHO

02. Oktober 2024
Frage von: Stv. Landtagsabgeordneter Markus Gstöhl
Antwort von: Regierungsrat Manuel Frick
Aufklappen und Zuklappen

Frage vom 02. Oktober 2024

Am 1. Juni 2024 hat die World Health Assembly der WHO weitreichende Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften IGV beschlossen. Dies, obwohl der finale Abstimmungstext nicht wie gemäss Art. 55 Abs. 2 IGV 2005 vorgeschrieben vier Monate vor dieser Schlussabstimmung vorlag. Die IGV-Revision ist damit unter Verletzung von WHO-Verfahrensrecht zustande gekommen und widerspricht auch völkerrechtlichen Vorgaben. Die Revision ist weitreichend und beinhaltet starke Eingriffe in die Souveränität der einzelnen Staaten. Diese revidierten IGV treten nach zwölf Monaten am 1. Juni 2025 automatisch in Kraft, ausser für jene Vertragsstaaten, die bis zum 31. März 2025 Widerspruch einlegen und vom «Opting out»-Recht Gebrauch machen. Da auch Liechtenstein betroffen ist, habe ich dazu folgende Fragen:

  1. Wer hat Liechtenstein am 1. Juni 2024 bei der WHO-Generalversammlung in Genf vertreten?
  2. Hatte dieser Vertreter seitens Liechtenstein ein konkretes Mandat betreffend die Abstimmung?
  3. War der Vertreter Liechtensteins am 1. Juni 2024 um 21.07 Uhr bei der Abstimmung vor Ort? Wenn ja: Warum hat er sich nicht gegen die IGV-Revision ausgesprochen?
  4. Im Zuge der Corona-Krise ist viel Vertrauen in die Politik und in Organisationen wie die WHO verloren gegangen. Durch ein «Opting-out» können die beabsichtigten IGV-Änderungen transparent in den demokratischen Diskurs Regierung/Landtag/Referendum eingebracht und demokratisch legitimiert werden: Wird Liechtenstein von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und Widerspruch einlegen? Falls Nein: Warum nicht?

Antwort vom 04. Oktober 2024

Einleitend ist festzuhalten, dass die in der Einleitung der Kleinen Anfrage genannten Fristen für das Inkrafttreten und das Einlegen von Widerspruch gegen die Änderungen nicht korrekt sind. Nach der offiziellen Notifikation der Änderungen an die Vertragsparteien durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 19. September 2024 hat Liechtenstein zehn Monate Zeit, um Widerspruch einzulegen. Damit müsste Liechtenstein bis zum 19. Juli 2025 Widerspruch einlegen, falls verhindert werden sollte, dass die geänderten Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) am 19. September 2025 für Liechtenstein in Kraft treten. Ebenfalls nicht bestätigt werden kann die Einschätzung, dass die IGV-Revision unter Verletzung von WHO-Verfahrensrecht zustande gekommen ist und damit völkerrechtlichen Vorgaben widerspricht. Der zitierte Art. 55 Abs. 2 der IGV bezieht sich nicht auf finale Abstimmungsvorlagen, sondern auf Abänderungsvorschläge. Alle im Rahmen des Prozesses eingegangenen Abänderungsvorschläge wurden den WHO-Mitgliedsstaaten lange vor dieser Frist kommuniziert.

zu Frage 1:

Liechtenstein ist nicht Mitglied der WHO und hat folglich nicht an der World Health Assembly teilgenommen.

zu Frage 2:

Siehe Antwort auf Frage 1. 

zu Frage 3:

Siehe Antwort auf Frage 1.

zu Frage 4:

Zunächst ist festzuhalten, dass die IGV keine Auswirkungen auf das souveräne Recht der Staaten haben, Gesetze zu erlassen und über die Umsetzung ihrer nationalen Gesundheitspolitik und die im Pandemiefall allenfalls erforderlichen Massnahmen zu entscheiden. Liechtenstein schliesst keine völkerrechtlichen Verträge ab, die grundlegende Rechte und Prinzipien missachten. Auch die Änderungen der IGV beinhalten gemäss Einschätzung der Regierung keine Möglichkeit für die WHO, ihren Mitgliedsstaaten im Pandemiefall rechtsverbindliche Gesundheitsmassnahmen aufzuerlegen. Die nationale Souveränität bleibt von den Änderungen unberührt. Unabhängig davon wird die Regierung ihrer Verantwortung nachkommen, die möglichen Auswirkungen der geänderten IGV analysieren und gegebenenfalls die notwendigen Schritte einleiten. Über das Einlegen von Widerspruch wurde noch nicht entschieden.

WHO und Internationale Gesundheitsvorschriften (IGV)

12. Juni 2024
Frage von: Landtagsabgeordneter Herbert Elkuch
Antwort von: Regierungsrat Manuel Frick
Aufklappen und Zuklappen

Frage vom 12. Juni 2024

Gemäss dem Liechtensteinischen Landesgesetzblatt Jahrgang 2012, Nr. 76 ist Liechtenstein Vertragsstaat der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV). Dies wurde auch am 1. Juni 2024 von der WHO in einer Pressemitteilung bestätigt. Die finalen Änderungen der am 1. Juni angenommenen IGV sind gravierend. Staatliche Behörden sollen die IGV umsetzen. Nach der Umsetzung in nationales Recht kommen die Befehle indirekt von der WHO.

Die IGV möchte festlegen, was relevante Gesundheitsprodukte sind. Mit diesen Gesundheitsprodukten soll in Gesundheitsnotlagen, einschliesslich Pandemien, gearbeitet werden. Auch wurde ein neuer Finanzierungsmechanismus beschlossen, um neue und zusätzliche Finanzmittel zu mobilisieren, im Weiteren die Einführung einer Definition eines Pandemienotfalls, Einrichtung einer nationalen IGV-Behörde und weitere Massnahmen.

Ohne Widerspruch wird durch eine fremde und mächtige Institution mit von uns nicht gewählten Führungspersonen unter Ausschluss der Volksvertretung unsere Souveränität eingeschränkt. Damit der Landtag eingebunden wird und damit auch ein fakultatives Referendum zustande kommen kann, muss die Regierung unverzüglich die Ablehnung der Änderungen beantragen. Als kleines und unbedeutendes Land darf Liechtenstein nicht zulassen, dass das Recht des Stärkeren gilt und es selbst zum Spielball fremder Akteure wird.

  1. Legt die Regierung unverzüglich Widerspruch gegen die neuen Vorgaben in den Internationalen Gesundheitsvorschriften ein, damit genügend Zeit für den parlamentarischen Überprüfungsprozess zur Verfügung steht?
  2. Wenn die Regierung Widerspruch einlegt, in welcher Woche in diesem Jahr wird dies geschehen?
  3. Wann erhält der Landtag einen Bericht und Antrag, um die Änderungen in nationales Recht umzusetzen oder gegebenenfalls die Mitgliedschaft zum IGV zu kündigen?
  4. Kann mit einem parlamentarischen Vorstoss oder einer Volksinitiative die Regierung gezwungen werden, Widerspruch einzulegen oder die IGV zu künden, und wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?
  5. Ist die Regierung gewillt, die internationalen Gesundheitsvorschriften in der Fassung vom 1. Juni 2024, inklusive der Anhänge 1 bis 9, in liechtensteinischer Amtssprache zu veröffentlichen, damit eine faktenbasierte Diskussion in der Öffentlichkeit in der Bevölkerung stattfinden kann?

Antwort vom 14. Juni 2024

Eingehend ist festzuhalten, dass die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) keine Auswirkungen auf das souveräne Recht der Staaten haben, Gesetze zu erlassen und über die Umsetzung ihrer nationalen Gesundheitspolitik und die im Pandemiefall allenfalls erforderlichen Massnahmen zu entscheiden. Liechtenstein schliesst keine völkerrechtlichen Verträge ab, die grundlegende Rechte und Prinzipien missachten. Auch die Änderungen der IGV beinhalten keine Möglichkeit für die Weltgesundheitsorganisation (WHO), ihren Mitgliedsstaaten im Pandemiefall rechtsverbindliche Gesundheitsmassnahmen aufzuerlegen. Die nationale Souveränität bleibt von den Änderungen unberührt.

zu Frage 1:

Die Anpassungen der IGV werden aktuell geprüft, über die Einlegung eines Widerspruchs wurde bislang nicht entschieden.

zu Frage 2:

Siehe Antwort auf Frage 1.

zu Frage 3:

Die Regierung wird prüfen, ob Gesetzesanpassungen nötig sind. Aufgrund des nicht rechtsverbindlichen Charakters der IGV ist nicht davon auszugehen.

zu Frage 4:

Die Regierung sieht keinen Grund, zu einer Kündigung gezwungen zu werden. Liechtenstein schliesst keine völkerrechtlichen Verträge ab, die grundlegende Rechte und Prinzipien missachten. Änderungen von Verträgen werden sorgfältig geprüft. Sollten sich durch eine Änderung gravierende Nachteile ergeben, würde die Regierung eine Kündigung prüfen und den Landtag einbinden.

zu Frage 5:

Die geltende Fassung der IGV ist in Liechtenstein über den Zollvertrag anwendbar und damit in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts kundgemacht sowie unter www.admin.ch (Bundesrecht) abrufbar. Sobald eine amtliche Übersetzung der Änderungen der IGV vorliegt, kann diese zur Verfügung gestellt werden.