Frage vom 11. Juni 2025
Der Beitritt Liechtensteins zum Internationalen Währungsfonds, IWF, wurde 2023 vom Stimmvolk mehrheitlich gutgeheissen und von der Regierung und der FMA als wichtiger Schritt zur internationalen wirtschaftlichen Vernetzung und Stärkung der Finanzstabilität kommuniziert. Dennoch wird in den sozialen Medien, aber auch in einzelnen Rückmeldungen aus der Bevölkerung wiederholt Kritik geäussert, insbesondere im Hinblick auf die Sinnhaftigkeit, mögliche Verpflichtungen und den konkreten Nutzen für Liechtenstein.
- Welche konkreten Auswirkungen oder positiven Entwicklungen hat der IWF-Beitritt seit dem offiziellen Beitritt Liechtensteins bereits ausgelöst?
- In welchen Bereichen hat Liechtenstein durch die IWF-Mitgliedschaft bisher profitiert?
- Welche Verpflichtungen bestehen gegenüber dem IWF aktuell und wie werden diese in der Praxis erfüllt?
- Wie wird die Regierung über die Zusammenarbeit mit dem IWF informieren?
Antwort vom 13. Juni 2025
zu Frage 1:
Nach dem IWF-Beitritt von Liechtenstein im Oktober 2024 konnten, aufgrund der kurzen Zeit, lediglich erste Erfahrungen gesammelt werden. Dennoch können bereits einige konkrete Beispiele aufgeführt werden.
Die erste und die wohl wichtigste positive Entwicklung ist, dass Liechtenstein seit seinem Beitritt zum IWF nun als Land über einen sogenannten Lender of Last Resort verfügt, also einen Kreditgeber letzter Instanz im Krisenfall. Dies hat die Resilienz und Stabilität unseres Landes erhöht, auch wenn das in der Praxis hoffentlich nie gebraucht wird.
Zweitens konnten bereits Erfahrungen mit der Förderung der Reputation unseres Wirtschaftsstandortes gemacht werden. Im ersten Artikel-IV-Bericht zu Liechtenstein vom Frühjahr 2025 wurde die liechtensteinische Volkswirtschaft detailliert analysiert und gesamthaft klar positiv beschrieben. Der Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Liechtenstein konnten sich so international sehr gut präsentieren. Der IWF-Beitritt wurde auch im letzten Ratingbericht von S&P Global ausdrücklich gelobt.
Ein weiteres Ziel des IWF-Beitritts war die weitere Stärkung der engen Zusammenarbeit mit der Schweiz in diesem Bereich. Kurz nach dem Beitritt ist Liechtenstein der schweizerischen Stimmrechtsgruppe beim IWF beigetreten. Diese Zusammenarbeit ist sehr gut angelaufen. Ab August wird Liechtenstein erstmals für ein Jahr mit einem eigenen Vertreter im Büro der schweizerischen Stimmrechtsgruppe in Washington D.C. vertreten sein. Diese Stelle wird, als Personal einer Stimmrechtsgruppe, vom IWF selber finanziert. Dazu hat die Regierung einen Experten der FMA nominiert. Die direkte Vertretung in der Stimmrechtsgruppe wird Liechtenstein dabei helfen, einen möglichst hohen Nutzen aus der der IWF-Mitgliedschaft zu ziehen und auch die entsprechende Expertise innerhalb der Landesverwaltung weiter zu stärken.
Weiter war es ein erklärtes Ziel des IWF-Beitritts, durch die Teilnahme an IWF-Tagungen unsere Aussenwirtschaftspolitik zu stärken und mehr Kontakte zu Entscheidungsträgern zu ermöglichen. Gerade als Kleinstaat und in der aktuellen Lage mit hoher globaler Unsicherheit und wachsenden Handelsbarrieren sind solche Möglichkeiten für Liechtenstein wichtig. Konkret haben die zahlreichen, insbesondere bilateralen Gespräche gezeigt, welche im Rahmen der diesjährigen Frühlingstagung des IWF organisiert werden konnten, wie wertvoll der IWF als Plattform ist.
zu Frage 2:
Abgesehen von den bereits erwähnten Bereichen kann die Verbesserung der makroökonomischen Statistiken als konkreter Bereich genannt werden, in dem Liechtenstein profitiert.
Der Aufbau von weiteren makroökonomischen Standardindikatoren war auch unabhängig von der IWF-Mitgliedschaft bereits seit längerem ein Ziel der Regierung, denn diese sollen im In- und Ausland zu einem besseren Verständnis der liechtensteinischen Volkswirtschaft beitragen, sind wichtig für die Glaubwürdigkeit des Wirtschaftsstandortes und tragen zu evidenzbasierten politischen Entscheidungen bei.
Zur Umsetzung dieses Ziels kann Liechtenstein dank der IWF-Mitgliedschaft auf die Expertise und Hilfe des IWF zurückgreifen. Dabei leistet der IWF konkrete technische Unterstützung und Beratung an das Amt für Statistik und eine eingesetzte Koordinationsgruppe. Dies geschieht auf eigene Kosten des IWF.
zu Frage 3:
Die Verpflichtungen sind im Übereinkommen zum IWF oder in den beiden Berichten und Anträgen, welche die Regierung vor dem IWF-Beitritt erstellt hat, aufgeführt. Als Auswahl können die folgenden Punkte genannt werden:
Die IWF-Mitgliedsländer sind verpflichtet, die sogenannte Quote zu hinterlegen und sich so am Fonds zu beteiligen. Bei dieser Einlage handelt es sich um eine Währungsreserve, welche dem Land gehört und jederzeit abrufbar ist. Liechtenstein hat seine Quote beim IWF nach dem Beitritt hinterlegt. Dazu sind Details in der Medienmitteilung vom 15. April 2025 sowie in der Beantwortung der kleinen Anfrage des Abgeordneten Johannes Kaiser vom Landtag im Mai zu finden.
Während Liechtenstein zur ersten Hinterlegung dieser Quote verpflichtet war, besteht keine Pflicht zu einer Erhöhung der Quote. Bei den regelmässigen sogenannten Allgemeinen Quotenüberprüfungen des IWF können alle IWF-Mitgliedsländer aber das Recht zur Erhöhung ihrer Quoten erhalten.
Im finanziellen Bereich ist weiter zu erwähnen, dass keinerlei Pflicht dazu besteht, einen Kredit beim IWF in Anspruch zu nehmen.
In Art. IV des Übereinkommens zum IWF haben sich des Weiteren alle IWF-Mitgliedsländer verpflichtet, an den sogenannten Artikel-IV-Konsultationen teilzunehmen. Dabei handelt es sich um jährliche Dialoge mit allen Ländern zum Zweck der Beobachtung und Analyse von konjunkturellen und wirtschaftspolitischen Entwicklungen. Wie schon in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt wurde, konnte Liechtenstein dies bereits ein erstes Mal erleben und positiv nutzen. Hier ist zudem anzufügen, dass keinerlei Verpflichtungen bestehen, den Empfehlungen des IWF aus diesen Konsultationen zu folgen.
Eine weitere Verpflichtung ist die Bereitstellung von relevanten Informationen und Statistiken an den IWF. Dabei handelt es sich um öffentlich verfügbare, aggregierte Daten über die Volkswirtschaft.
zu Frage 4:
Die Regierung wird den Landtag und die Öffentlichkeit weiterhin transparent und regelmässig über die Zusammenarbeit mit dem IWF informieren, sei es beispielsweise mittels Medienmitteilungen, der Beantwortung kleiner Anfragen oder der Veröffentlichung der IWF-Berichte auf der Regierungswebseite.