Frage vom 04. Oktober 2023
An der letzten Landtagssitzung haben wir uns intensiv mit dem Vorstoss «Schule und Betreuung neu aus einer Hand» auseinandergesetzt. Die ausserhäusliche Kinderbetreuung wie auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind Themen, die auch mich schon seit vielen Jahren beschäftigen. In den vergangenen Wochen konnte man in Meinungsbeiträgen in der Zeitung lesen, dass in Liechtensteins Bildungswesen ein Stillstand herrsche. In einem Forumsbeitrag wurde behauptet, in dieser Legislatur sei in der Bildungspolitik nichts Merkbares passiert. Das deckt sich nicht mit den Aussagen, welche ich von Lehrpersonen und anderem schulischen Personal erhalte - im Gegenteil. Es gibt offenbar jede Menge Projekte, welche derzeit an den Schulen vorbereitet oder umgesetzt werden. Ich möchte deshalb genau nachfragen, ob es dahingehend wirklich Probleme gibt. Denn wenn ja, dann müssen wir schleunigst handeln. Zu den fünf Fragen:
- Welche Bildungsprojekte wurden beziehungsweise werden in dieser Legislatur bearbeitet?
- Welche Massnahmen wurden beziehungsweise werden im Rahmen der Bildungsstrategie 2025plus bearbeitet?
- Wie ist der Stand beim Lehrerdienstgesetz und wie wurden die Lehrpersonen in die Erarbeitung einbezogen?
- Wie ist die Situation in Liechtenstein in Bezug auf den viel zitierten Lehrermangel und die Belastung des Schulpersonals?
- Welche Themen und Bereiche im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen sind dem Bildungsministerium und welche dem Gesellschaftsministerium zugeordnet?
Antwort vom 06. Oktober 2023
Zu Frage 1:
Das Bildungsministerium ist für die Organisation, Planung, Koordination und Information von Pflichtschulbereich, Privatschulen, Hochschulen und hochschulähnliche Einrichtungen, Musikschule, Kunstschule, AIBA, Erwachsenenbildung, Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung und berufliche Grundausbildung und Weiterbildung zuständig. Die Beantwortung dieser Frage beschränkt sich in Folge des Einleitungstextes auf den Pflichtschulbereich. Sämtliche weiteren Bildungsprojekte aus den anderen Bereichen sind hier nicht aufgeführt. Selbst mit dieser Einschränkung lässt sich diese Frage nur schwer umfassend beantworten, ohne den Rahmen einer Kleinen Anfrage zu sprengen. Exemplarisch werden einige Grossprojekte zur Gestaltung und Weiterentwicklung der Bildungslandschaft genannt, welche in dieser Legislatur bearbeitet werden bzw. bereits bearbeitet wurden. Die folgende Liste ist nicht abschliessend. Zudem ist wichtig zu erwähnen, dass im Sinne der Bildungsstrategie 2025plus im Rahmen der Schulautonomie an den Schulen mannigfaltige Projekte geplant und umgesetzt werden.
Aktuelle Projekte im Bildungswesen in der laufenden Legislaturperiode:
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Sicherstellung des Fernunterrichts und Krisenmanagement während der Covid-Pandemie zur Gewährleistung, dass die Schulen offen bleiben konnten
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Durchführung einer 360-Grad-Umfrage in Bezug auf die Auswirkungen der Pandemie und die damit verbundene Umsetzung von Massnahmen
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Entwicklung und Einführung des Konzepts Lernhub und Aufbau der gesamten neuen Infrastruktur
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Planung, Koordination und Begleitung der LiLe-Einführungsphase 2019-2024
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Gesamte kommunikative Begleitung der LiLe-Umsetzung
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Planung der Fokus-Evaluation in Bezug auf den Lehrplan (LiLe)
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Planung und Durchführung des Schul-ICT-Projekts
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Begleitung und Unterstützung der digitalen Transformation an den Schulen mittels Projekt «Digiboost»
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Konzeption der Weiterbildung für Pädagogische Medienkoordinatoren: Digitale Medien im Unterricht
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Einführung Schulsozialarbeit auf allen Stufen
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Durchführung einer Pilotstudie zum Thema Psychische Gesundheit
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Umsetzung Lehrplan Oberstufe Gymnasium 2021 - 2025
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Check-dein-Wissen: Durchführung der nationale Leistungserhebungen an den Schulen
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Revision des Lehrerdienstgesetzes unter Einbezug aller Stakeholder
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Einführung des Projekt MOVIS, einem Beratungs- und Coachingangebot für Lehrpersonen und Schulpersonal
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Flächendeckende Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements für das Schulpersonal
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Durchführung Pilotprojekt Waldkindergarten
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Einführung des Nachteilsausgleichs
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Durchführung des Projekts «Kompetenzorientiertes Beurteilen und Bewerten»
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Überarbeitung des Konzepts Begabungs- und Begabtenförderung
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Projektplanung „Eine Schule für alle“ (Inklusion) mit allen Teilbereichen
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Initiierung und Einführung der Schulverwaltungslösung LiSA
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Verhandeln eines zwischenstaatlichen Abkommen zur langfristigen Anerkennung der Liechtensteiner Berufsmaturität in der Schweiz
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Evaluation der "Schulischen Familienberatung"
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Überarbeitung Maturitätsreglement und -verordnung am Gymnasium
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Entwicklung eines neuen Lernmodells bei der BMS
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Überarbeitung der BMS-Verordnung
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Konzeptüberarbeitung für den Schulpsychologischen Dienst
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Verankerung eines bewegten Unterrichts durch «FlickFlack – Bewegung und Unterricht»
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Installation einer Machergruppe Berufsattraktivität Lehrberuf
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Umsetzung der Schulbautenstrategie: Projektbegleitung Neu- und Ersatzbau SZM I - II
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Umsetzung der Schulbautenstrategie: Projektbegleitung SZU II (Umsetzung)
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Weiterentwicklung der Sportschule hin zu «Sportschule 2.0»
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Überprüfung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes an Schulen
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Aufbau der frühen (sprachlichen) Förderung
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Implementierung des Fachs Informatik an der Oberstufe des Gymnasiums 2021 - 2023
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Einfacher und sicherer Zugang zu Online-Diensten in Schule und Ausbildung durch EduLog
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Einführung des eGov-Vertragsmanagement
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Einführung der Blockzeiten Plus zur besseren Vereinbarkeit Familie und Beruf
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Ausbau der Angebote der Schule im nachunterrichtlichen Teil
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Schnittstellenoptimierung zwischen den Bereichen Schule und Sport
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Konzeptionierung und Veröffentlichung vom Piloten des Bildungsberichte
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Projektkoordination des ersten Bildungsberichts
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Aufbau der Bibliotheksverwaltung & Mediendatenbank für die Schulen «AMeD»
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Realisierung des Klassenzimmers der Zukunft im Zentrum für Schulmedien
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Durchführung von Evaluation bei Klassenhilfen
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Anpassung Verordnung Fördermassnahmen
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Neu-Konzipierung WFL-Kursbuch für das Weiterbildungsprogramm des Schulpersonals
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Finanzierung von ICT-Geräten auf Sekundarstufe II mittels Projekt Neptun
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Durchführung der Barcamps: «DIgital und anALOG» (2021) und «Lernen sichtbar machen» (2023)
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Durchführung der Fokusevaluation Bewegung & Sport
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Planung der Evaluation Schulsozialarbeit an Gemeindeschulen
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Überarbeitung Förderkonzept
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Überarbeitung des Konzepts «Deutsch als Zweitsprache»
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Überarbeitung des Konzepts «Intensivkurs DaZ»
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Überarbeitung des Konzepts «Ergänzungsunterricht»
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Erstellung des Merkblatts Klassenhilfen
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Erarbeitung des Stufenmodells «Herausforderndes Verhalten»
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Sanierung der Weiterführenden Schulen Triesen
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Konzeptionierung und Durchführung des Projektes «Energie- und Klimapioniere» auf allen Schulstufen
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Erarbeitung eines breiten Angebotes für die Schulen im Rahmen des Vorsitzes des Europarats
Zu Frage 2:
Wie bereits in der Bildungsstrategie ausgeführt wurde, handelt es sich bei der Bildungsstrategie 2025plus nicht um ein statisches Werk, sondern um eine Strategie, an welcher permanent gearbeitet wird. Das Bildungsministerium und das Schulamt haben deshalb Vertreterinnen und Vertreter aus dem Bildungswesen, der Gesellschaft sowie der Wirtschaft im Herbst 2022 zu einem weiteren Workshop eingeladen. Dabei ging es darum, die bereits umgesetzten Massnahmen zu diskutieren und im Rahmen eines «World Café» weitere Schritte und Projekte innerhalb der in der Bildungsstrategie formulierten strategischen Ziele und Handlungsfelder zu entwickeln.
Nun soll in den kommenden Monaten ein Zwischenstand über alle Massnahmen, die innerhalb der acht strategischen Ziele bereits erarbeitet oder umgesetzt werden, dargelegt werden.
Um einige Beispiele zu nennen: Zum strategischen Ziel einer qualitativ hochwertigen Bildung kann beispielsweise sowohl der Pilotbericht und der bevorstehende Bildungsbericht genannt werden oder auch die Einführung der Leistungserhebungen durch die «Checks» als Nachfolger der Standardprüfungen. Zum strategischen Ziel von «mehr Autonomie» sind dies beispielsweise gezielte Projekte oder Schulversuche wie das altersdurchmischte Lernen, der Waldkindergarten oder auch mehr Autonomie in der Personalführung durch das neue Lehrerdienstgesetz. Das strategische Ziel «Vielfältige Bildungswege» beinhaltet Massnahmen wie bspw. ein neues Liechtensteiner Lernmodell an der Berufsmaturitätsschule, Informationen an Eltern über LiLe.li, next-step.li oder künftig auch «LISA», womit die die gesamte Kommunikation im Bildungsumfeld digitalisiert und niederschwellig zugänglich gemacht werden soll. Zum strategischen Ziel «Bildung für Alle» kann ebenfalls exemplarisch auf zwei Massnahmen verwiesen werden, zum einen auf das komplett überarbeitete Förderkonzept der öffentlichen Kindergärten und Pflichtschulen inklusive Nachteilsausgleich und zum anderen die Erweiterung von «Blockzeiten Plus». Zum strategischen Ziel «Zukunftsbefähigung» sind dies beispielsweise das ICT-Projekt mit dem Digi-Boost und die soeben gestartete Ausbildung von sogenannten «Pädagogischen Medienkoordinatorinnen und -koordinatoren» während der nächsten zwei Jahre. Zum strategischen Ziel «Vernetzung und Mobilität» sind zum Beispiel das Projekt «Vive la langue / Live the language» mit dem Verein LieLa zu nennen oder auch etliche Erasmus+-Programme und Projekte. Zum strategischen Ziel «Frühe Förderung» sind dies beispielsweise die Situationsanalyse von 2021 und die neu geschaffene Koordinations- und Beratungsstelle. Zwei Beispiele für Massnahmen im achten strategischen Ziel, dem «Bildungspersonal», sind der Ausbau des Betrieblichen Gesundheitsmanagements für das Schulpersonal sowie die Einsetzung einer Machergruppe «Attraktivität Lehrberuf».
Zu Frage 3:
Die Revision des Lehrerdienstgesetzes (LDG) ist ein ganz zentrales Anliegen von Schulamt und Schulen. Dem Schulamt war es wichtig, den gesamten Entstehungsprozess des überarbeiteten Lehrerdienstgesetzes möglichst partizipativ zu gestalten. Folgende Kommunikationszeitpunkte sind erwähnenswert, jedoch nicht abschliessend:
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LDG-Workshops
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Mai 2022: 1. Workshop Überarbeitung Lehrerdienstgesetz mit Schulstufenvertreterinnen und -vertretern im Technopark
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September 2022: 2. LDG-Workshop mit Schulstufenvertreterinnen und -vertretern im Gemeindesaal Gamprin
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LDG-Info-Veranstaltungen
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Februar 2022: Treffen der Lehrervereine
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Oktober -10. November 2022: LDG-Informationstage an allen Schulen
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März 2023: Treffen mit Lehrervereinen
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Juni 2023: Offenes Gespräch zum Thema «Gleichstellung KG-PS im neuen LDG»
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August 2023: Treffen mit Lehrervereinen
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September 2023: LDG-Gespräch online per MS Teams
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Sharepoint SIL
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Mai 2022: Ankündigung 1. LDG-Workshop
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Mai 2022: Zusammenfassung 1. Workshop inkl. Videobeitrag
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August 2022: Einladung zum 2. Workshop inkl. Videobotschaft von Rachel Guerra
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September 2022: Zusammenfassung zum 2. LDG-Workshop
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September 2023: Information zum Sonderpodcast «LDG»
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September 2023: LDG-Gesetzesentwurf inkl. Audiokommentare
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September 2023: Rückblick LDG-Gespräch
Aktuell liegt dem Schulamt ein Gesetzesentwurf vor, der in enger Zusammenarbeit mit den Schulen entstanden ist. Dabei sind sowohl die Ergebnisse der Workshops sowie die Rückmeldungen der Lehrpersonen und Teams eingeflossen. Alle Interessensgruppen hatten nach erstmaliger Fertigstellung des Entwurfs noch einmal die Möglichkeit, sich in einer Online-Veranstaltung des Schulamtes zu informieren und sich einzubringen. Der Gesetzesentwurf samt Audio-Erläuterungen ist derzeit noch bis zum 6. Oktober auf dem Schulintranet für das Lehr- und Schulpersonal zugänglich und es besteht die Möglichkeit, den Entwurf zu kommentieren. Im Anschluss an die Auswertung der Rückmeldungen wird nach einer legistischen Prüfung das finale Ergebnis zuerst der Regierung und dann dem Hohen Landtag präsentiert. Sollte dieser das überarbeitete LDG verabschieden, findet eine gestaffelte Umsetzung ab 1. August 2024 statt.
Zu Frage 4:
Zuletzt konnten in Liechtenstein alle offenen Stellen für Lehrpersonen besetzt werden. Es gibt also im Moment keinen Mangel an Lehrpersonen in Liechtenstein, die Situation wird aber fortlaufend analysiert. Auch wenn der Beruf «Lehrperson» derzeit immer noch gefragt ist, muss analog zur Schweiz festgestellt werden, dass in der Vergangenheit auf Ausschreibungen deutlich mehr Bewerbungen eingingen.
Langfristige Bildungsqualität setzt gute und motivierte Lehrpersonen voraus. Das Bildungsministerium und Schulamt arbeiten deshalb daran, die Attraktivität des Lehrberufs weiter zu erhöhen und haben unter anderem eine «Machergruppe Attraktivität Lehrberuf» ins Leben gerufen, die aus Vertretern des Lehrpersonals und des Schulamtes besteht. Deren Kernaufgaben liegt in der Analyse des Ist-Standes in Liechtenstein, der Sammlung, Gegenüberstellung und Analyse verschiedenster Massnahmen anderer Länder beim Thema «Lehrpersonenmangel» sowie der Ausarbeitung eines Strategiepapiers zu Handen der Regierung. Dieses Strategiepapier soll Wege aufzeigen, wie die Attraktivität des Lehrberufs in allen Bereichen verbessert werden kann.
Die Belastung kann je nach Lehrpersonen stark variieren und ist oftmals temporär durch aussergewöhnliche oder externe Einflüsse geprägt. Neben der Machergruppe ist das Schulamt in regelmässigem Austausch mit den Lehrpersonenvereinen sowie den Schulleiterinnen und Schulleitern. Dabei sind die Rahmenbedingungen und Belastungen regelmässig ein Thema. Wo immer möglich, werden unbürokratische und rasche Lösungen gesucht.
Generell wird das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) an Schulen in Liechtenstein gross geschrieben: Für die Gesundheit von Lehrpersonen, Schulleitungen sowie dem weiteren Schulpersonal wurden in den vergangenen Jahren weitreichende Massnahmen getroffen (Bsp. Flächendeckender Ausbau der Schulsozialarbeit, Einführung von Klassenhilfen, schulpsychologischer Dienst etc.). Mit Start des neuen Schuljahres 2023/24 bietet das Schulamt neu für das gesamte Schulpersonal in Liechtenstein ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) an. Dazu wurde eine BGM-Menükarte mit einem vielfältigen Angebot zusammengestellt. Die Menükarte beinhaltet: Individuelle Angebote, die einzelne Lehrpersonen, Schulleitende oder weiteres Schulpersonal bei Interesse und Bedarf in Anspruch nehmen können. Angebote für ganze Klassen- oder Schulteams. Angebote für (gesamte) Schulen, die die Gesundheit des Schulpersonals und der Schülerinnen und Schüler in den Fokus rücken möchten.
Zu Frage 5:
Im Zuständigkeitsbereich des Bildungsministeriums liegt der Pflichtschulbereich bis zum Mittel- und Hochschulbereich. Das Ministerium ist für die Planung, Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Schulbetriebs aller öffentlichen Schulen in Liechtenstein verantwortlich.
Im Zuständigkeitsbereich des Gesellschaftsministeriums liegen die ausserhäuslichen Kinderbetreuungsangebote, die Kinder- und Jugendförderung, der Kinder- und Jugendschutz, die Kinder- und Jugendhilfe, die Kinder- und Jugendbeteiligung sowie -vertretung und Kinderrechte.