Thronreden

08. März 1951

Thronrede, Fürst Franz Josef II.

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 8. März 1951


Auf Grund der Bestimmungen des Art. 48 unserer Verfassung habe ich den Landtag für die Sessionsperiode 1951 auf den heutigen Tag einberufen. Der Beginn dieser neuen Arbeitsperiode veranlasst mich, zu Ihnen zu sprechen und einige Fragen, die mir für das Land wichtig erscheinen. Ihrer Aufmerksamkeit besonders zu empfehlen.

Die politischen Verhältnisse auf der ganzen Welt haben im vergangenen Jahre eine sehr kritische Entwicklung gebracht. Wieder einmal entbrannte ein Krieg als Mittel zur Durchsetzung einer materialistischen Staatsraison, und wenn dieser Krieg auch räumlich von unserem Land weit entfernt ist, so sind gewisse Auswirkungen, wie das Steigen der Preise, auch bei uns fühlbar geworden. So beunruhigend und beklagenswert diese Entwicklung an sich ist, so dürfen wir deshalb eine Panikstimmung, die uns in unserer Arbeit und Entwicklung lähmen würde, nicht aufkommen lassen. Wir müssen die gefährlichen Auswirkungen der Weltpolitik im Auge behalten und mit umso grösserem Eifer beim fortschrittlichen Aufbau der Wirtschaft unseres Landes weiterarbeiten. Nicht Sorglosigkeit soll uns führen, sondern ein konstruktiver Optimismus, der auf einem starken Gottvertrauen fusst.

Die Beschäftigungslage im Gewerbe und in der Industrie unseres Landes ist weiterhin zufriedenstellend, und es besteht auch, soweit man in die Zukunft blicken kann, kein Anlass zu Befürchtungen irgendwelcher Art. Die Landwirtschaft hat im vergangenen Jahre einen bedeutenden Weg zurückgelegt in der Richtung einer aufstrebenden Entwicklung; ich möchte nur hinweisen auf die Bekämpfung der Rindertuberkulose und auf die genossenschaftlichen Massnahmen. Der so gut wie ausgeglichene Landesvoranschlag für 1951 ist ein erfreuliches Zeichen unserer konsolidierten Wirtschaft.

Diese befriedigende wirtschaftliche Lage möge, so hoffe ich, für den Landtag der Anlass sein, das Problem der Einführung einer Alters- und Hinterbliebenen-Versicherung in dieser Sessionsperiode zu erledigen. Vorarbeiten und Studien hiezu liegen aus den vergangenen Jahren bereits vor und es wird Ihre Aufgabe sein, meine Herren Abgeordneten, das Problem in seinem ganzen Ausmass und in seinen Auswirkungen auf unser soziales Leben einerseits, auf die Wirtschaft unseres Landes anderseits zu prüfen und das für unser Land beste System zu wählen. Die Alters- und Hinterbliebenen-Versicherung hat eine ausgesprochen soziale Bedeutung und wird gerade für die weniger bemittelten Kreise unseres Volkes von wohltätiger Wirkung sein. Bei der Auswahl des Systems unserer Alters- und Hinterbliebenen-Versicherung müssen wir wahrscheinlich eigene Wege gehen und eine Lösung finden, die sich anpasst an die besonderen Verhältnisse unseres Landes und unserer Wirtschaft.

Im Bereiche unserer Landwirtschaft wäre das Bestreben von Landtag und Regierung darauf zu richten, dass das Problem der Milchverwertung zu einem konkreten Abschluss gebracht wird. Alle Vorarbeiten sind so gut wie abgeschlossen, der liechtensteinische Milchverband ist gegründet und es sollte nun zur praktischen Durchführung dieser Angelegenheit geschritten werden. Für unsere Landwirtschaft, die jährlich ungefähr 7 Millionen Kilo Milch erzeugt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass diese Menge, die einen Wert von 2 Millionen Franken repräsentiert, fachgemäss und werterhöhend behandelt wird.

Wenn wir uns eben mit den Sorgen der Landwirtschaft befassen, so kommt uns eine weitere Frage in den Sinn, die für das Gedeihen und die Entwicklung der liechtensteinischen Agrarwirtschaft von grosser Bedeutung ist. Es ist dies die Güterzusammenlegung, die dem Landwirt die Bewirtschaftung seines Bodens erleichtern soll und eine rationelle Nutzung ermöglichen wird. Zwei Gründe sind es vor allem, die die Wichtigkeit dieser Frage für Liechtenstein unterstreichen. Einerseits ist der landwirtschaftliche Besitz in Liechtenstein in einem unhaltbaren Ausmass zerstückelt, anderseits ist gerade für den kleinen und mittleren Betriebsumfang der Landwirtschaft, der bei uns weitaus vorherrscht, der praktische Erfolg einer derartigen Massnahme besonders in die Augen fallend. Die Vorarbeiten für diese Güterzusammenlegung, nämlich die Landvermessung, wurde bereits durchgeführt, so dass mit den eigentlichen Arbeiten begonnen werden kann. Wir verstehen wohl die Schwierigkeiten, die sich dieser Arbeit entgegenstellen, und die vor allem in dem traditionsgebundenen Denken unserer Landwirte begründet liegen. So sehr dieses Fussen in der Überlieferung wünschenswert ist darf man sich nicht den Forderungen verschliessen, die die allgemeine Rationalisierung der Arbeitsmethoden mit sich bringt. Der liechtensteinischen Landwirtschaft wird die Zusammenlegung des Bodens bedeutende finanzielle Erfolge bringen. Damit dieser so wichtigen und auch kostspieligen Massnahme der Güterzusammenlegung ein dauernder Erfolg beschieden bleibt, wird der Landtag auch Massnahmen zu beraten und beschliessen haben, damit nach erfolgter Zusammenlegung eine neuerliche Zerstückelung der Grundstücke verhindert wird.

Ich habe vom Arbeitsprogramm des Landtages für das Jahr 1951 nur einige wenige Punkte berührt, die mir für das Land von besonderer Wichtigkeit zu sein scheinen. Sie, meine Herren Abgeordneten, werden jetzt im Geiste verantwortungsbewusster Zusammenarbeit an die Lösung aller Fragen gehen, die das Jahr bringen wird. Wenn Sie sich als oberstes Ziel Ihrer Arbeit immer das Wohl unseres Landes Liechtenstein und unseres Volkes vor Augen halten, dann wird sich von selbst jene aufbauende Einigkeit herstellen, der Gott seinen Segen nicht versagen wird.

Ich erkläre die Sessionsperiode 1951 des Liechtensteinischen Landtages hiemit für eröffnet.