Thronreden

31. März 1965

Thronrede, Fürst Franz Josef II.

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 31. März 1965

Gemäss der Artikel 48, 49 und 54 unserer Verfassung habe ich am heutigen Tage den Landtag zur Eröffnung der diesjährigen Sessionsperiode einberufen und sehe ich mich bei diesem Anlass bewogen, in einigen Worten Stellung zu nehmen zu speziellen Aufgaben und Problemen, welche sich dem Landtag in dieser Sessionsperiode stellen werden.

In den vergangenen Jahren war der Landtag bemüht, durch eine stattliche Reihe von Sozialgesetzen dafür zu sorgen, dass allen unseren Bürgern die Vorteile der wirtschaftlichen Konjunktur zugute kommen, indem sie teilhaftig werden an den grossen Fortschritten, welche erst die erhöhte Lebenshaltung ermöglichen. Es geschah dies nicht nur durch die Schaffung einer weitausgreifenden Berufsausbildung, sondern auch durch das Eintreten des Staates für die wirtschaftlich Schwachen und durch die Absicherung des Bürgers vor den wirtschaftlichen Gefahren, welche Erkrankung, Unfall und das Alter bringen. Mit einigen Neuerungen in dieser Richtung werden Sie, meine Herren Abgeordneten, sich in dieser Session noch zu befassen haben. Es wird ein Regierungsentwurf dem Landtag übergeben werden, wonach jenen AHV- und IV-Rentnern, die ein gewisses Existenzminimum nicht erreichen, Ergänzungsleistungen gewährt werden sollen, und zwar so, dass diese nicht zu Lasten der AHV respektive IV gehen, sondern zu Lasten des Staates unter allfälliger Beiziehung der Gemeinden. Desgleichen soll die dem Landtag bereits vorliegende Novelle zum Steuergesetz gewisse Erleichterungen bringen, so dass die steuerlichen Abzüge für Kinder und Studierende hinaufgesetzt werden. Weiters ist bei der Regierung eine Neuregelung unseres Fürsorgewesens in Behandlung, welche möglicherweise noch in dieser Session dem Landtag unterbreitet wird.

Wir können mit Stolz darauf hinweisen, dass unser Land durch seine Sozialgesetzgebung heute einen Status erreicht hat welchen verschiedene europäische Staaten noch nicht erreichten. Diese Errungenschaften dürfen uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch eine Anzahl wirtschaftlicher Probleme gibt, mit welchen wir uns auseinandersetzen müssen. Ich möchte nur kurz hinweisen auf alle jene Fragen, welche mit der immer zunehmenden Teuerung verbunden sind. Wir haben gesehen, wie gerade in der letzten Zeit einige unserer Nachbarstaaten sich veranlasst sahen, gewisse Massnahmen zu treffen, um der fortschreitenden Geldentwertung zu steuern. Ob zwar wir in Liechtenstein schon Verordnungen in dieser Richtung erlassen haben, werden wir die bestehenden gesetzlichen Vorschriften doch noch weiter auszubauen haben. Hiebei wird der Landtag umso behutsamer vorgehen müssen, weil es bekanntlich viel leichter ist, eine Konjunktur zu dämpfen, als sie anzukurbeln. In diesem Zusammenhange möchte ich hinweisen auf die Frage der in unserem Lande arbeitenden Ausländer, denn ich sehe es für richtig, wenn unser Verhältnis zu den Fremdarbeitern auf der Basis christlicher Weltauffassung gelöst wird.

Es ist eine nicht auf Liechtenstein beschränkte, sondern in Mitteleuropa allgemeine Erscheinung, dass die Landwirtschaft gegenüber der Industrie und dem Gewerbe etwas ins Hintertreffen geriet. Für uns ist dieses Problem nicht neu, der Landtag hat sich schon in den vergangenen Sessionsperioden mit dieser Sorge beschäftigt/wobei von dem richtigen Grundsatz ausgegangen wurde, dass nicht die Subventionen die massgebende Hilfe für die Landwirtschaft bedeuten, sondern nur konstruktive gesetzliche Massnahmen, die die Lebensfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft stärken. Durch Bodenzusammenlegung hat man in den vergangenen Jahren in dieser Richtung vorgearbeitet und die Entwicklung hat gezeigt, dass dies richtig war. Die Regierung bearbeitet gegenwärtig einen Gesetzesentwurf, welcher durch die Gewährung von Anbauprämien die landwirtschaftlichen Betriebe zu einer intensiveren Getreideproduktion veranlasst Wir werden aber nicht der Frage ausweichen können, dass im Zuge einer umfassenden Landesplanung der für die Landwirtschaft notwendige Boden fixiert und für die Zukunft geschützt wird. Diese Planung sollte aber das ganze Land umfassen und neben der Abgrenzung des landwirtschaftlichen Geländes von den Bau- und Industriezonen müsste diese Planung sich auch auf die Bergwelt erstrecken und den Schutz der Schönheit der Alpen umfassen. In den Bergen wären Zonen abzugrenzen, in welchen Jede Bautätigkeit ausgeschlossen ist, andernfalls laufen wir sonst Gefahr, dass unsere Bergwelt, teils durch ungeordnete Bautätigkeit, teils durch unzulässige Bewirtschaftungsformen schwer geschädigt wird.

Nachdem ich mich jetzt mit sozialen und wirtschaftlichen Fragen des Landes befasst habe, möchte ich auf ein fürs Land mir sehr wichtig scheinendes Gebiet hinweisen. Die Jugend bedeutet für jede menschliche Gemeinschaft, also auch für unser Land, die Zukunft. Die Verhältnisse in der Welt, inklusive in unserer Heimat, haben sich grundlegend verndert. Es ist für die junge Generation eine sehr schwere Aufgabe, Glaube, Sitte und Tradition in eine neue Welt einzubauen und es ist unsere Aufgabe, ihr dabei nach Möglichkeit zu helfen. Der Jugend muss die Möglichkeit gegeben werden, sich in einer ihr zusagenden Atmosphäre zu treffen. Dieser Rahmen sollte so weit reichen, dass er einerseits der Jugend die Möglichkeit zu ernsten Aussprachen und anderseits aber auch zu geselligem Beisammensein gewährt. Ich möchte hinweisen auf die Jugendheime und Klublokale in ändern Ländern.

Ich wünsche dem Landtage für seine Arbeit in diesem Jahr Gottes Segen und den Beistand des Heiligen Geistes und erkläre die Sessionsperiode 1965 für eröffnet.