Thronreden

24. März 1977

Thronrede, Fürst Franz Josef II.

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 24. März 1977



Ich werde über einige aktuelle Themen sprechen und auch auf Probleme hinweisen, mit denen man sich heute schon befassen sollte, wenn sich diese auch erst später stellen werden.

Man spricht zur Zeit in der westlichen Welt viel von einer Wirtschaftskrise, welche sicher auch in gewissem Masse vorhanden ist Wir wurden bis jetzt im allgemeinen davon verschont Das Baugewerbe allerdings bekam die Krise deutlich zu spüren. Unser Baugewerbe ist überdimensioniert. Es sollte daher ein möglichst erschütterungsfreier Übergang zu einer Neuformung stattfinden. Die öffentliche Hand kann hier aber nur eine Hilfe geben für eine Anpassung, die sowohl der jetzigen, wie der zukünftigen Situation entspricht.

Mehr zu tun ist nämlich nicht möglich, denn wir müssen uns im klaren sein, dass der Staat seine Reserven hüten und wahren sollte, wenn auch noch Finanzen von aussen kommen. Auf die lange Dauer gesehen, wird dieser Zustand vielleicht nicht anhalten und kann derZufluss von Mitteln von auswärts schwächer werden. Für diesen Zeitpunkt muss das Land unbedingt Reserven besitzen, damit die Anpassung an die neue Situation ohne schwerwiegende Eingriffe erfolgen kann. Die Herren Abgeordneten werden ja sicher auch meiner Meinung sein, dass man alles unternehmen sollte, um in einem solchen Falle nicht gezwungen zu sein, von heute auf morgen drastische Sparmassnahmen einzuführen und die Steuern um ein ganzes Stück plötzlich zu erhöhen.

Wenn ich von Geldern spreche, die von auswärts ins Land kommen, so muss ich noch zwei Bemerkungen anfügen. Man hat sich auf jeden Fall bewusst zu sein, dass man den ausländischen Investoren und deren Gesellschaften gegenüber Verpflichtungen hat. Vom guten Funktionieren dieser Dienste hängt schliesslich auch das Vertrauen der Investoren ab. welche wieder durch ihr Vertrauen direkt oder indirekt unsere Volkswirtschaft fördern. Vielleicht wird die Zukunft zeigen, dass in manchen Fällen die Aufsicht und die Vorschriften schärfer gefasst werden müssen.


berdenken wir noch einmal die Frage der Bauwirtschaft, so muss ein weiteres wichtiges Faktum beachtet werden. Aus den Bevölkerungsstatistiken ist ersichtlich, dass schon seit einer Reihe von Jahren die Kinderanzahl pro Ehepaar stetig zurückgeht Dies bedeutet aber, dass wir vielleicht schon in einigen Jahren ein Überangebot an Wohnungen und Schulraum haben werden. Daran gleich anknüpfend möchte ich eine weitere Erwägung anstellen. Es beschäftigt kränkt, fast möchte ich sagen verängstigt nämlich gar manche Liechtensteiner, dass auf der einen Seite viele Fremdarbeiter weggingen, dafür aber neue Ausländer ins Land kamen. Wenn man die mögliche Bevölkerungsschrumpfung in 15, 20 Jahren in Betracht zieht, so wird dieses Vakuum automatisch fremde Staatsbürger anziehen. Das heisst aber, dass längerfristig gesehen die Liechtensteiner eine Minorität im Lande werden können, wenn wir uns nicht zu einer grosszügigeren Einbürgerung von Ausländern, die schon seit langem in unserer Mitte leben, entschliessen.

Wenn ich von Finanzen spreche, erinnere ich mich auch an den von vielen Liechtensteinern gehegten Wunsch, ein eigenes Spital zu besitzen. Ich war schon lange skeptisch bezüglich der praktischen Möglichkeit eines Landesspitals im Hinblick auf die nicht genügende Bevölkerungszahl, die erst ein Landesspital tragen könnte. Wenn man dazu noch die günstigen Verträge mit den benachbarten Schweizer Spitälern in Rechnung stellt und die jährlich in die Millionen gehenden Betriebskosten eines eigenen Spitals bedenkt, so ist es gegeben, dass man das Vaduzer Spital modernisiert und zu einem Belegspital erweitert.

Die jetzige wirtschaftliche Entwicklung zeigt, dass wir über die Zukunft nicht viel aussagen können. Von umso grösserer Wichtigkeit ist es daher, sowohl für den einzelnen Staatsbürger, als auch für das ganze Volk, dass möglichst viele Bürger Vermögen besitzen. Ein Besitz stärkt die Stellung des Staatsbürgers und macht ihm auch bewusst, dass das Schicksal des Landes und Volkes identisch ist mit seinem. Die wichtigste Möglichkeit, die das Land und die Gemeinden den Bürgern bieten können, ist die Förderung eines eigenen Heimes, sei es ein Haus oder eine Eigentumswohnung. Diesbezügliche gesetzliche Vorkehrungen sind zu begrüssen und zu fördern.

Wenn wir uns weiterhin mit Fragen beschäftigen und auch Entscheidungen treffen wollen, welche direkt oder indirekt mit der Innenpolitik unseres Landes zu tun haben, so müssen wir feststellen, dass sich in Europa und in der Welt multinationale Gebilde formierten. Diese haben bereits eine gewisse Ingerenz im Leben der einzelnen Staaten und streben sie vermehrt an. Angesichts dieser Tatsache müssen wir daher trachten, soweit unsere Möglichkeiten es erlauben, an diesen Organisationen teilzunehmen. Im Hinblick auf die Kleinheit unseres Landes werden wir nie einen dauernden grossen Einfluss ausüben können, doch wird es vielleicht möglich sein, in Fragen, die für uns von grosser Bedeutung sind, uns irgendwie Gehör zu verschaffen.

Ich möchte heute, wie schon öfters, betonen, wie wichtig es ist, dass sich die Bürger für die Politik ihres Landes interessieren. Dies trifft auch für die Jugend zu. Im Rahmen einer Partei kann der Bürger politisch seine Meinung zur Geltung bringen. Politische Parteien sind notwendige Voraussetzungen für eine demokratische Politik Allerdings müssen sich die Parteien bewusst sein, dass wichtige Interessen des Landes und Volkes einzelnen Gruppen und Parteiinteressen vorangehen. In wichtigen Fragen sollten die Parteien ein Einvernehmen pflegen.

Ich möchte nun meine Rede schliessen, indem ich Ihnen, meine Herren Abgeordneten, eine erfolgreiche Legislaturperiode wünsche, und bitte, dass Gott Ihnen seinen Segen dazu geben möge.