Thronreden

18. März 2009

Thronrede, Erbprinz Alois

Aufklappen und Zuklappen

Thronrede anlässlich der Eröffnung des Landtages am 18. März 2009


Ich möchte Ihnen herzlich zu Ihrer Wahl in den Landtag gratulieren und Ihnen gleichzeitig danken, dass Sie sich für diese wichtige und sehr verantwortungsvolle Aufgabe in unserem Staat zur Verfügung gestellt haben.

Die Landtagsarbeit bedingt die Bereitschaft, auf vieles während der Legislaturperiode zu verzichten. Dies gilt insbesondere für die nächsten vier Jahre, die grosse Herausforderungen mit sich bringen werden.

Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise ist von einem Ausmass, wie es zuvor nur die Ältesten in unserem Lande erlebt haben. Gleichzeitig sind wir durch wechselnde Rahmenbedingungen für unseren Finanzplatz gefordert. Die demographische Entwicklung und der globale Wettbewerb bringen noch weitere Herausforderungen mit sich.

Für die Zukunft des Landes wird es entscheidend sein, dass Regierung und Landtag möglichst bald die richtigen Reformen zur Neuordnung des Finanzplatzes verabschieden. Einige, wie die Ausführungsgesetze zum TIEA mit den USA, sind bereits in Vorbereitung.

In den nächsten Monaten werden Sie sich auch noch mit anderen umfangreichen Gesetzesvorlagen befassen müssen. Einige besonders bedeutsame möchte ich kurz hervorheben.

Voraussichtlich im Herbst wird die Steuerreform in den Landtag kommen. Sie bringt eine umfassende Neuordnung unseres Steuersystems mit vielen Vorteilen:
es wird einfacher, z.B. werden die zahlreichen Tarifstufen durch einige wenige ersetzt. Bei den juristischen Personen wird es künftig sogar nur noch einen einzigen proportionalen Tarif geben.
es wird fairer, da das Steuersystem so neutral wie möglich gestaltet wird. Das heisst, unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten, Rechtsformen und Ähnliches sollten möglichst zu keinen Unterschieden mehr bei der Höhe der Steuern führen.
es wird effizienter, das heisst, das Feststellen und Begleichen der Steuerschuld durch den Steuerzahler sowie die Erhebung der Steuern durch den Staat sollen einfacher werden.Vor allem aber ist das Steuersystem im Unterschied zum alten auch international wesentlich kompatibler. Das wird uns bei einer zukünftigen vermehrten Zusammenarbeit in Steuerangelegenheiten entgegen kommen. Ausserdem erhöht es die Attraktivität unseres Standortes für den globalen Standortwettbewerb.

Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hat sich die Regierung über eine Regierungs- und Verwaltungsreform Gedanken gemacht. Effizientere Verwaltungsstrukturen sollen die Regierung von operativen Aufgaben entlasten, damit sie sich besser den erwähnten Herausforderungen widmen kann.

Dabei sollte es nicht nötig sein, die Verwaltung zu vergrössern. Klarere Strukturen sollten es erlauben,
Doppelspurigkeiten zu beseitigen,
attraktive Arbeitsplätze für begabte Führungspersönlichkeiten anzubieten und
dadurch mit gleich viel Personal mehr leisten zu können.Wahrscheinlich werden Sie sich auch in naher Zukunft mit der Reform des Staatskirchenrechtes befassen. Dies ist ein emotional aufgeladenes und damit politisch schwieriges Vorhaben. Um es nicht noch zusätzlich durch Wahlkampfsituationen zu belasten, sollte es daher möglichst zu Beginn der Legislaturperiode behandelt werden.

Eine baldige Reform des Staatskirchenrechtes ist aber auch aus anderen Gründen zu empfehlen:
für unsere Politiker wie auch unsere Kirchenvertreter undankbare und unnötige Konflikte könnten vermieden werden und
eine solche Reform würde die Integration anderer Glaubensgemeinschaften erleichtern.Zu Beginn der neuen Legislaturperiode möchte ich aber nicht nur bereits weitgehend ausgearbeitete Gesetzesvorlagen erwähnen. Ich möchte auch einige Bereiche ansprechen, in denen ich mir in den nächsten 4 Jahren ebenfalls grundlegende Reformen erhoffe.

Im Bereich der Bildung haben wir in der kommenden Woche eine Volksabstimmung über eine Reform der Sekundarschulen. Zwar wird heftig über die Zukunft des Gymnasiums gestritten, aber sowohl bei den Befürwortern wie bei den Gegnern von SPES I besteht Einigkeit über mehr Autonomie für die Schulen und mehr Freiheit für die Schüler und Eltern bei der Auswahl der Schulen.

Wie auch immer die Entscheidung ausgeht, wir sollten jedenfalls so bald wie möglich eine umfassende Schulautonomie und Schulwahlfreiheit einführen. Dabei dürfen wir nicht bei den Sekundarschulen stehen bleiben. Für eine grössere Chancengerechtigkeit sind entsprechende Reformen im Bereich der Volksschulen und Kindergärten noch wesentlich bedeutender.

Eine echte Schulwahlfreiheit bedingt eine Reform der Schulfinanzierung. Auch eine solche Reform sollte möglichst bald erfolgen und die beste Art der Schulfinanzierung bringen. Diese erfolgt meiner Ansicht nach über Bildungskonten, wie ich sie in der Vergangenheit immer wieder erwähnt habe.

In einer Zeit von Wirtschaftskrisen und ungünstigen demographischen Entwicklungen sollten wir uns auch Gedanken machen, wie wir unser soziales Netz nachhaltig finanzierbar gestalten können. Vor allem im Bereich der Alters- und Gesundheitsvorsorge werden wir an grundlegenden Reformen arbeiten müssen, damit wir auch noch den Jungen unter uns auf lange Sicht angemessene soziale Leistungen sichern können.

Sehr geehrte Abgeordnete,

mit den richtigen Reformen können wir unser Land hervorragend für die zukünftigen Herausforderungen vorbereiten. Wir sollten den Ehrgeiz haben, Liechtenstein zum bestorganisierten und bestregulierten Staat zu machen. Die Vorteile unserer Kleinheit verbunden mit unserer guten Ausgangsposition bieten uns dafür ideale Voraussetzungen. Wenn uns die richtigen Reformen gelingen, brauchen wir uns keine Sorgen über die Zukunft machen.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist es wichtig, dass Sie bei all Ihren Entscheidungen nicht parteipolitische Überlegungen, sondern das gemeinsame langfristige Interesse unserer Landesbürger als Richtschnur nehmen.

Ich wünsche Ihnen bei diesen verantwortungsvollen Entscheidungen viel Weisheit und Gottes Segen.