Geschichte

  • 1818

    Absolutismus

    Der Landtag als Institution wurde durch die absolutistische Verfassung von 1818 geschaffen. Die beiden Stände, die Geistlichkeit und die Landmannschaft, erhielten das Recht auf eine Vertretung durch „Deputierte“. Die Geistlichkeit wählte drei Pfarrherren in den Landtag. Die Landmannschaft wurde durch die elf Gemeindevorsteher und die Säckelmeister (d. h. Gemeindekassiere) vertreten. Der Ständelandtag wurde vom Fürsten einmal im Jahr zu einer Sitzung einberufen. Er besass keine Rechte; seine Funktion bestand ausschliesslich darin, dem jährlichen Steuererfordernis „dankbar“ zuzustimmen.

  • 1862

    Verfassung von 1862

    Die Geschichte des liechtensteinischen Parlamentarismus beginnt mit der konstitutionellen Verfassung von 1862. Der Landtag wurde nun zu einer echten Volksvertretung, die zum grössten Teil aus freien Wahlen hervorging. Die Zahl der Abgeordneten wurde auf 15 verkleinert. Drei Abgeordnete wurden vom Fürsten ernannt, zwölf vom Volk indirekt gewählt: Dabei wurden in jeder Gemeinde zunächst – von den allein wahlberechtigten Männern – auf je 100 Einwohner zwei Wahlmänner gewählt. Diese wählten dann ihrerseits in einer Wahlmännerversammlung die Abgeordneten. Der Landtag besass nun Mitwirkungsrechte bei den Staatsaufgaben, zwar noch nicht bei allen, aber doch bei den wichtigsten: das Recht zur Mitwirkung bei der Gesetzgebung, das Recht auf Zustimmung bei wichtigen Staatsverträgen, das Steuerbewilligungsrecht (Finanzhoheit), das Recht zur Kontrolle der Staatsverwaltung sowie das Recht zur Mitwirkung bei der Militäraushebung. Ohne Einfluss blieb der Landtag auf die Bildung der Regierung und auf die  Ernennung des Landrichters.

  • 1877

    Wahlkreise

    Die beiden historischen Landschaften waren im Absolutismus beseitigt worden. Obwohl die Untertanen mit zähem Widerstand daran festhielten, machte auch die Verfassung von 1862 die Schaffung eines Einheitsstaats nicht rückgängig. In den sogenannten Münzwirren von 1877, bei denen sich die Unterländer energisch gegen die Einführung der Goldwährung wehrten, lebte der Konflikt erneut auf. 1878 wurde darauf das Land in zwei Wahlkreise eingeteilt: Im Wahlkreis Oberland waren neu sieben, im Wahlkreis Unterland fünf Abgeordnete zu wählen. Dazu ernannte der Fürst jeweils zwei Abgeordnete aus dem Oberland und einen Abgeordneten aus dem Unterland. Mit der Verfassung von 1921 verzichtete der Landesfürst auf die Ernennung von drei fürstlichen Abgeordneten; die Gesamtzahl von 15 Abgeordneten sowie das Verhältnis von 60:40 zwischen Oberland (9) und Unterland (6) blieben gleich.

  • 1878

    Sperrminorität

    An diesem Verhältnis wurde auch bei der Erhöhung auf 25 Abgeordnete im Jahr 1988 festgehalten, obwohl dieses Verhältnis (15:10) nicht exakt den Einwohnerzahlen in den beiden Wahlkreisen entspricht. Das Unterland wird bevorteilt und als Minderheit geschützt. Da für einen gültigen Landtagsbeschluss mindestens zwei Drittel der Abgeordneten (17) anwesend sein müssen, besitzen die Unterländer Abgeordneten seit 1878 die Möglichkeit, Verfassungsänderungen zu verhindern bzw. durch Verlassen des Landtags das Zustandekommen eines Beschlusses überhaupt zu verunmöglichen.

  • 1918

    Die Parteien

    Die Bildung der ersten Parteien erfolgte im Jahr 1918. Bis 1993 waren nur die Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) und die Vaterländische Union (VU) im Landtag vertreten. Die Wahlen führten seit der Einführung des Verhältniswahlrechts (1939) in der Regel zu sehr knappen Mehrheitsverhältnissen, was lange Zeit zur Bildung von Koalitionsregierungen führte (1938 bis 1997). 1993 überwand mit der Freien Liste (FL) erstmals eine dritte Partei die 8%-Sperrklausel und schaffte den Einzug in den Landtag. Die beiden Legislaturen von 1997 bis 2005 waren jeweils durch Alleinregierungen geprägt. Dies im Gegensatz zu der in der Vergangenheit üblichen Koalition zwischen den beiden grossen Parteien. Das Modell der „grossen" Koalitionsregierung fand dann wiederum in den Jahren 2005 und 2009 Anwendung und wurde an den Wahlen im Jahre 2013 erneut bestätigt. Bei diesen Wahlen zogen mit den Unabhängigen (DU), welche auf Anhieb vier Sitze erreichen konnten, erstmals vier Parteien mit Fraktionsstärke in den Landtag ein. 

  • 1918

    Wahlrechts­änderungen

    Das geheime und direkte Wahlrecht wurde erst 1918 eingeführt. Seither werden die Abgeordneten nicht mehr durch Wahlmänner gewählt, sondern von den Wahlberechtigten an der Urne. Bis 1939 erfolgten die Wahlen nach dem Majorzwahlsystem. Unter dem Eindruck einer äusseren Bedrohung wurde kurz vor dem Zweiten Weltkrieg zwischen den verfehdeten Parteien
    ein Burgfrieden geschlossen, was den Wechsel zum Proporzwahlsystem bedingte. Gleichzeitig wurde eine Sperrklausel von 18% im Wahlgesetz
    eingeführt, die extreme Kräfte aus dem Landtag fernhalten sollte. Diese Sperrklausel wurde 1962 vom Staatsgerichtshof aufgehoben, weil sie keine verfassungsmässige Grundlage hatte. 1973 wurde eine neue Sperrklausel von 8% in die Verfassung aufgenommen. Initiativen zur Abschaffung bzw. zur Senkung dieser Sperrklausel scheiterten bisher. Ebenso wurden weitere Versuche zur Änderung des Wahlrechts (so z.B. die Einführung einer Mehrheitsklausel über beide Wahlkreise hinweg) vom Volk verworfen.

  • 1921

    Verfassung von 1921

    Mit der Verfassung von 1921 wurde der Staat Liechtenstein auf eine neue Grundlage gestellt. Das monarchische und das demokratische Prinzip standen einander erstmals gleichwertig gegenüber. Viele staatliche Funktionen können seither nur ausgeübt werden, wenn verschiedene Staatsorgane zusammenwirken. Grundlegend neu war im Vergleich zur Verfassung von 1862 der Gedanke, dass der Staat eine „demokratische und parlamentarische Grundlage“ besitzt. Das Volk erhielt weitgehende direktdemokratische Rechte (Wahl-, Initiativ- und Referendumsrecht). Da der Landesfürst auf das Recht, drei Abgeordnete ernennen zu können, verzichtete, wurde der Landtag zu einer reinen Volksvertretung. Die Rechte des Parlaments wurden bedeutend erweitert: Die Regierung wird seither durch Zusammenwirken von Fürst und Landtag gebildet, wobei dem Landtag das Vorschlagsrecht zusteht. Neu war auch, dass der Landtag die Richter wählte – entweder im Sinne eines Ernennungsvorschlags zuhanden des Landesfürsten oder direkt.

  • 1984

    Frauenstimmrecht

    Die Einführung des Frauenstimm- und -wahlrechts wurde 1971 und 1973 zweimal in einer Volksabstimmung abgelehnt; erst der dritte Anlauf im Jahre 1984 gelang.

  • 1986

    Vertretung der Frauen

    1986 wurde erstmals eine Frau gewählt. 1993 schafften es zwei Frauen; von 1997 bis 2001 gab es nur mehr eine weibliche ordentliche Abgeordnete im Landtag. Bei den Wahlen 2001 wurden drei Frauen in den Landtag gewählt. Gleich sechs Frauen (das entspricht einem Anteil von 24%) schafften bei den Landtagswahlen vom 13. März 2005 den Einzug ins Parlament wie auch an den Wahlen vom 8. Februar 2009. Anlässlich der Landtagswahlen vom 3. Februar 2013 reduzierte sich der Anteil auf fünf Frauen, was einer Quote von 20 Prozent entspricht. Diese Quote wurde anlässlich der Landtagswahlen vom 5. Februar 2017 noch einmal unterschritten. Derzeit sind drei Frauen im Landtag vertreten - dies ergibt einen Frauenanteil von rund 12 Prozent.

  • 1988

    Zahl der Abgeordneten

    Der liechtensteinische Landtag ist im internationalen Vergleich ein kleines Parlament. Seit 1919 gab es wiederholt Bestrebungen, die Zahl der Abgeordneten zu erhöhen, doch scheiterten diese Versuche in vier Volksabstimmungen. Erst 1988 stimmte das Volk einer Erhöhung auf 25 Abgeordnete zu.

  • 2003

    Verfassun­gsrevision von 2003

    Im Rahmen der Verfassungsrevision im Jahre 2003 wurden einzelne Rechte und Kompetenzen des Landtags modifiziert respektive neu geregelt. So wurde beispielsweise die Auswahl der Richter an ein Richterauswahlgremium mit Vorsitz des Landesfürsten bzw. Staatsoberhauptes übertragen. Die Regierung wird vom Landesfürsten einvernehmlich mit dem Landtag auf dessen Vorschlag ernannt. Verliert die Regierung das Vertrauen des Landesfürsten oder des Landtages, dann erlischt ihre Befugnis zur Ausübung des Amtes. Für die Zeit bis zum Antritt der neuen Regierung bestellt der Landesfürst eine Übergangsregierung zur interimistischen Besorgung der gesamten Landesverwaltung. Des Weiteren tritt der Landesfürst bei Erlass einer Notverordnung vorübergehend an die Stelle des Gesetzgebers. Es handelt sich hierbei um ein vom Parlament losgelöstes Notrecht.


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